Zu Beginn testeten die Forscher, wie stark die Probanden auf leichte Stresssituationen reagierten. Dazu wurden die Kennzeichen des vegetativen Nervensystems wie Herzfrequenz, Feuchtigkeit der Haut und die Erweiterung der Blutgefäße bei den Testpersonen gemessen, während diese unerwartete Geräusche hörten und sportliche oder knifflige geistige Aufgaben lösen mussten. Für jeden Probanden wurde anhand der Ergebnisse der Tests eine so genannte Stress-Persönlichkeit erstellt. Sehr schüchterne Probanden zeigten dabei eine hohe Stressempfindlichkeit.
Während der nächsten 12 bis 18 Monate bestimmten die Forscher, wie viele HI-Viren im Blut der Testteilnehmer vorhanden waren und wie stark ihr Immunsystem verändert war. Das Ergebnis war überraschend eindeutig: Die Probanden, die eher schüchtern waren und sehr stark auf den Stress reagiert hatten, hatten nach Ablauf der Versuchszeit zehn- bis hundertmal mehr Viren im Blut als die kontaktfreudigeren Teilnehmer. Auch zeigten bei ihnen antivirale Medikamente praktisch keinen Erfolg.
Die Forscher führen das auf die ständig erhöhten Mengen des Stresshormons Noradrenalin bei den schüchternen Testteilnehmern zurück. Noradrenalin versetze ebenso wie Adrenalin den Körper in Alarmbereitschaft und schwäche so auf Dauer das Immunsystem. “Wie jemand auf Stress reagiert, scheint wichtiger für die Anfälligkeit für Krankheiten zu sein als der Stress selbst”, fasst Studienleiter Cole die Ergebnisse zusammen. Das genauere Wissen über den Zusammenhang zwischen Noradrenalin und dem Immunsystem könnte in Zukunft helfen, virale Infekte besser in den Griff zu bekommen, hoffen die Forscher.