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Warum Wale nicht noch größer sind

Erde|Umwelt

Warum Wale nicht noch größer sind
Der Blauwal ist das größte Tier, das jemals auf der Erde existiert hat. (Bild: Daniel Conde/iStock)

Gewaltig und massig: Wale sind die größten Tiere auf unserem Planeten – doch auch bei diesen Wesen stellte sich ein Wachstumslimit ein. Was bestimmte es? Forscher haben nun systematisch untersucht, warum Wale nicht noch größere Dimensionen erreichen. Die Daten belegen, dass das Kosten-Nutzen-Verhältnis bei der jeweiligen Ernährungsweise der Meeresgiganten buchstäblich maßgeblich ist.

Bei gigantischen Tieren kommen vielen Menschen sofort die Dinosaurier in den Sinn – doch ein Tier unserer Zeit übertrifft diese Riesen der Vergangenheit bei weitem: Mit einer Länge von über 30 Metern und einem Gewicht von mehr als 100 Tonnen ist der Blauwal das größte Tier, das jemals auf unserem Planeten existiert hat. Neben diesem Vertreter der Bartenwale haben auch die Zahnwale einen Spitzengiganten hervorgebracht: Der König dieser Meeressäuger ist der bis zu 20 Meter lange und über 50 Tonnen schwere Pottwal.

Wie die Forscher um Jeremy Goldbogen von der Stanford University berichten, gab es bisher nur Annahmen dazu, welche Faktoren hinter den Ausmaßen dieser Wale stecken. Um nun erstmals genauere Daten zu sammeln, hat das internationale Wissenschaftlerteam Informationen von zahlreichen Fressaktionen der Tiere gesammelt. Ihr Ziel war es dabei, den Energieaufwand bei der Nahrungsaufnahme sowie die Ausbeute zu erfassen. So war eine Einschätzung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses bei der jeweiligen Ernährungsweise der Wale möglich.

Energetische Preis-Leistungs-Verhältnisse im Blick

Die Datensammlung war mit einem enormen Aufwand verbunden: Um die Unterwasseraktivitäten der Wale zu verfolgen, verwendete das Team Multisensor-Aufnahmegeräte, die vorübergehend durch Saugnäpfe auf den Rücken der Tiere angebracht wurden. Untersucht wurden nicht nur die Rekordgiganten, sondern auch kleinere Vertreter der Barten- und Zahnwale. In den Geräten erfassten Beschleunigungsmesser, Drucksensoren, Kameras und Hydrophone die Bewegungen der Tiere bei ihren Futtertauchgängen . Mithilfe von Sonargeräten in den umliegenden Gewässern und Aufzeichnungen von Beutetieren in Walmägen schätzten die Wissenschaftler auch die Beutedichte in der Nachbarschaft jedes markierten Wals ein.

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„Energie ist gleichsam die Währung aller Lebensformen, und wir wollten wissen, wie das Verhältnis zwischen Energiegewinn und Energieaufwand beim Fressverhalten von Walen mit unterschiedlichen Körpergrößen und Fütterungsstrategien ist“, sagt Goldbogen. „Dieses Verhältnis zeigt die Futtereffizienz eines Wals auf und gibt Aufschluss darüber, warum manche Wale so groß sind und warum sie nicht noch größer werden“, erklärt der Meeresbiologe.

Wie er und seine Kollegen berichten, zeichneten sich deutliche Unterschiede zwischen den beiden Gruppen der Wale ab. Die sogenannten Bartenwale wie der Blauwal, Finnwal oder Buckelwal verwenden Strukturen aus Reihen von biegsamen, haarähnlichen Gebilden im Maul, um Krill und andere kleine Beute aus dem Meerwasser herauszusieben. Sie suchen nach dichten Beständen ihrer Beute und verleiben sich bei einem Beutezug fast immer viel mehr Kalorien ein, als sie für die Aktion verbrauchen. Sie erreichten den höchsten Energieertrag von allen im Rahmen der Studie untersuchten Walarten. Den Forschern zufolge zeichnet sich bei den Bartenwalen zudem ab: Die Größe ist kein Hindernis bei ihrer Strategie der Nahrungsaufnahme.

Zwei unterschiedliche Konzepte

Bei den Zahnwalen ist die Lage hingegen deutlich anders, berichten Goldbogen und seine Kollegen. Diese Meeressäuger verwenden Echolokalisierung bei der Futtersuche und fressen nur ein Beutetier pro Aktion. Besonders die Pottwale müssen vergleichsweise tief tauchen, um ihre Beutetiere wie Tiefseekalmare und große Fische zu erreichen. Dadurch konnten sie sich allerdings auch eine Art Schlaraffenland erschließen, das anderen großen Räubern nicht zugänglich ist. „In 300 Metern Tiefe gibt es eine Menge Tintenfische zu fressen“, sagt Goldbogen.

Aber diese Beutetiere müssen dennoch gejagt werden und das kostet viel Energie, wie die Daten zeigen. In einigen Fällen konnten die Zahnwale während eines Tauchgangs nicht genug Nahrung aufnehmen, um die aufgewendete Energie auszugleichen, ergaben die Berechnungen. Der Pottwal hat demnach seine Möglichkeiten ausgereizt, sagen die Wissenschaftler. Wenn diese Zahnwale noch größer wären, könnten sie ihren steigenden Energieverbrauch nicht mehr durch die Ausbeute in der Tiefsee decken – es gibt dazu einfach nicht genug große Tintenfische im Ozean, so die Wissenschaftler.

Wale leben auf Messers Schneide

Die Bartenwale ernähren sich hingegen von kleinen, aber sehr häufig vorkommenden Krillbeutetieren, die in bestimmten Teilen der Welt für kurze Zeit in hohen Bestandsdichten auftreten. Bei ihnen wird eine noch weitere Zunahme der Körpergröße von der saisonalen Verfügbarkeit ihrer Beute eingeschränkt, erklären die Wissenschaftler. „Die größten Bartenwale ernten in den hohen Breiten in den nur wenigen üppigen Sommermonaten die Krillbestände ab“, sagt Goldbogen. „Durch die enormen Netto-Gewinne können diese Wale dort Fettreserven aufbauen, von denen sie bei ihren Wanderungen zu ihren Winterquartieren und Kinderstuben in den niedrigeren Breiten allerdings zehren müssen, die nur wenig Nahrung bieten“, erklärt Goldbogen.

Wie er und seine Kollegen betonen, verdeutlicht die Studie damit, dass die großen Walarten energetisch betrachtet auf Messers Schneide leben. Insbesondere angesichts des Klimawandels, der Überfischung und anderer Bedrohungen in den Meeren ist dies im Hinblick auf ihr zukünftiges Überleben problematisch: „Wenn wie im Fall des Blauwals die einzige Beute Krill ist und etwas den Rückgang der Bestände verursacht, kann es schnell kritisch werden, weil diese Wale nicht in der Lage wären, genug zu fressen, um sich zu versorgen“, resümiert Goldbogen.

Quelle: Smithsonian, Fachartikel: Science, doi: 10.1126/science.aax9044

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