Anzeige
1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite »

Was Genie und Wahnsinn verbindet

Erde|Umwelt Gesundheit|Medizin

Was Genie und Wahnsinn verbindet
vangogh01.jpg
Der geniale Maler Vincent Van Gogh schnitt sich selbst ein Ohr ab. Auf diesem Selbstbildnis von 1887 ist davon aber nichts zu erkennen. Bild: Wikipedia
Ein ungarischer Forscher hat möglicherweise entdeckt, warum Genie und Wahnsinn häufig so eng beieinander liegen: Ein Gen, von dem bereits bekannt ist, dass es die Wahrscheinlichkeit für Psychosen erhöht, scheint auch die Kreativität zu fördern. Das schließt der Psychologe Szabolcs Kéri aus den Ergebnissen einer Studie mit 200 Freiwilligen, bei denen er verglich, welche Variante dieses Gens im Erbgut vorlag und wie kreativ der Betroffene war. Genau die Gruppe erreichte die meisten Kreativitätspunkte, deren Genvarianten auch mit dem höchsten Psychose-Risiko in Verbindung gebracht wird.

Das betreffende Gen, Neuregulin 1 genannt, regelt unter anderem die Entwicklung der Gehirnzellen und beeinflusst die Flexibilität der Kontaktstellen sowie die Kommunikation zwischen diesen Neuronen. Interessant ist vor allem der Bereich, der die Aktivität des Gens steuert: Er kommt in verschiedenen Versionen vor, die C- und T-Variante genannt werden. Bereits früher hatten Forscher nachgewiesen, dass Menschen, die sowohl vom Vater als auch von der Mutter die T-Variante geerbt haben, mehr zur Entwicklung von Psychosen oder sogar Schizophrenie neigen als diejenigen, die zumindest eine C-Kopie in ihrem Erbgut aufweisen. Auch andere Nachteile wurden bereits mit der T/T-Variante in Verbindung gebracht, darunter ein niedrigerer IQ, eine geringere Kapazität des hirneigenen Arbeitsspeichers, eine eingeschränkte Aktivität des Gehirns bei anspruchsvollen Aufgaben und eine verringerte Dichte der weißen Substanz.

Kéri vermutete nun, dass die T-Variante jedoch auch positive Auswirkungen hat, die die negativen aufwiegen, und daher noch in der Bevölkerung verbreitet ist und nicht im Lauf der Evolution verschwunden ist. In seiner Studie testete er daher, ob es sich bei diesen positiven Effekten um eine Steigerung der Kreativität handeln könnte ? eine Eigenschaft, die immer wieder im Zusammenhang mit psychischen Erkrankungen diskutiert wird. Tatsächlich habe sich diese Annahme bestätigt, schreibt er. Probanden mit der T/T-Variante gaben beispielsweise mehr und originellere Antworten auf Fragen wie „Stellen Sie sich vor, an jeder Wolke wäre eine Schnur angebracht, die bis auf den Erdboden hängt. Was würde geschehen?“, und sie waren in ihrem Leben auch mehr kreativen Tätigkeiten nachgegangen als die anderen Studienteilnehmer. Die niedrigsten Kreativitätswerte fanden sich in der C/C-Gruppe, die Probanden mit C und T im Erbgut schnitten mittelmäßig ab.

Wie das Neuregulin-Gen allerdings die Kreativität erhöht, sei bislang noch unklar, räumt Kéri ein. Zudem sei seine Studiengruppe nicht ganz repräsentativ gewesen ? es hätten ausschließlich sehr gebildete, intelligente und kreative Menschen teilgenommen. Als nächstes müssten daher andere, größere Studien den Zusammenhang prüfen. Dennoch ist der Psychologe überzeugt, eine biologische Verbindung zwischen Genie und Wahnsinn gefunden zu haben, die sie sich beispielsweise in dem Maler Vincent van Gogh und dem Mathematiker und Nobelpreisträger John Nash manifestierten.

Szabolcs Kéri (Semmelweis-Universität, Budapest): Psychological Science, Bd. 20, S. 1070 ddp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel
Anzeige
Anzeige

Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Aktueller Buchtipp

Sonderpublikation in Zusammenarbeit  mit der Baden-Württemberg Stiftung
Jetzt ist morgen
Wie Forscher aus dem Südwesten die digitale Zukunft gestalten

Wissenschaftslexikon

amo|ro|so  〈Mus.〉 zärtlich, zart, innig (zu spielen) [ital., ”verliebt, zärtlich“]

Dop|pel|bre|chung  〈f. 20; Opt.〉 Eigenschaft mancher Kristalle u. a. Substanzen, bei der das einfallende Licht in zwei Komponenten zerlegt wird, die unterschiedlich stark gebrochen werden, so dass bei geeigneter Blickrichtung zwei Bilder zu sehen sind

Land|frau  〈f. 18〉 Frau, die in der Landwirtschaft mitarbeitet, Bauersfrau

» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige