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Was Kriege in Afrikas Tierwelt anrichten

Erde|Umwelt

Was Kriege in Afrikas Tierwelt anrichten
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Afrikas Tierwelt ist reich an beeindruckenden Säugetierarten. (Fotos: by Joshua Daskin, Yale University)
Afrika kommt nicht zur Ruhe – der Kontinent wird seit langem von vielen bewaffneten Konflikten heimgesucht. Ein Forscherduo ist nun systematisch der Frage nachgegangen, wie es der Tierwelt im Schatten dieses menschlichen Leids ergangen ist: Wurden die großen Säugetiere ebenfalls zu Opfern oder konnten sie sich in den Konfliktzeiten etwa erholen? Den Ergebnissen zufolge wirkten sich die zahlreichen Auseinandersetzungen von 1946 bis 2010 verheerend auf die Bestände von Elefanten, Antilopen und Co aus. Erfreulicherweise blieb aber meist das Potenzial zur Erholung erhalten, berichten die Forscher.

„Es war im Vorfeld nicht klar, inwieweit Konflikte negative Auswirkungen auf die Wildtierpopulationen haben“, betont Co-Autor Pringle von der Princeton University. Frühere Studien in verschiedenen Ökosystemen haben sowohl die Möglichkeit von positiven als auch negativen Auswirkungen von Konflikten auf die Biodiversität in bestimmten Regionen aufgezeigt. Mit ihrer Studie wollten Pringle und sein Kollege Joshua Daskin nun für die Tierwelt Afrikas einen Gesamteindruck erstellen, mit welchen ökologischen folgen bei kriegerischen Auseinandersetzungen im Bereich von Naturreservaten zu rechnen ist.

Für ihre Studie nutzten sie rund 500 Quellen, um Schätzungen der Häufigkeit einer bestimmten Tierart innerhalb von mindestens zwei Jahren zwischen 1946 und 2010 durchführen zu können. Außerdem verwendeten sie eine Reihe von weiteren Informationsquellen, um festzustellen, wie viele Konflikte sich während des Untersuchungszeitraums im Bereich der erfassten Schutzgebiete ereignet haben. Am Ende konnten die beiden Forscher die Entwicklungstrends von 253 Tierpopulationen in 126 Schutzgebieten von 19 Ländern untersuchen. Sie umfassten 36 Arten – von den Antilopen über Büffel, bis hin zu Flusspferden und Elefanten.

Auch die Tiere sind Opfer der Kriege

Es zeichnete sich ab: Mehr als 70 Prozent der afrikanischen Schutzgebiete waren zwischen 1946 und 2010 von bewaffneten Konflikten betroffen. Es handelte sich um die Ära, in der auf den Sturz der europäischen Kolonialherrschaft in vielen Ländern gewaltsame Machtkämpfe folgten. Wie die Forscher berichten, waren diese Konflikte konstante Faktoren beim jahrzehntelangen Verfall der Bestände der großen Säugetiere Afrikas: Populationen, die in friedlichen Gebieten stabil waren, brauchten nur eine leichte Zunahme der Konflikthäufigkeit, um in die Abwärtsspirale zu geraten. Die Ursache bildeten den Forschern zufolge die fehlenden Kontrollfunktionen in den Konfliktregionen: Die großen Säugetiere waren schutzlos der Jagd ausgesetzt – ihr Fleisch stillte den Hunger der leidenden Bevölkerung und sie lieferten vermarktbare Ware wie etwa Elfenbein.

Wie die Forscher berichten, repräsentiert die Geschichte des Gorongosa Nationalparks in Mosambik in charakteristischer Weise die Effekte der Konflikte in Afrika. Gorongosa gehörte bis in die 1970er Jahre zu den spektakulärsten Tierschutzgebieten Afrikas. Doch dann kam der Krieg: Von 1977 bis 1992 bekämpften sich in der Region Regierungssoldaten und regierungsfeindliche Milizen und viele Menschen waren auf der Flucht. Für den Park bedeutete das: Mehr als 90 Prozent der Tierwelt ging verloren.

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Ermutigender Aspekt

Doch wie Pringle und Daskin berichten, zeichnet sich in ihren Auswertungen ein ermutigender Aspekt ab: Wie im Fall des Gorongosa-Parks war die Vernichtung in der Regel nicht total – es blieb das Potenzial zur Erholung. Seit 2004 hat sich die Tierwelt in Gorongosa auf 80 Prozent des Vorkriegs-Niveaus erholt. Wie sie betonen, war dies durch Schutzmaßnahmen und Verbesserungen bei den Lebensbedingungen der ansässigen Bevölkerung möglich, die nach dem Krieg etabliert werden konnten.

„Aus unseren Ergebnissen geht hervor, dass der Fall von Gorongosa beispielhaft sein könnte“, sagt Pringle. Auch in anderen Regionen sind ausgeplünderte Naturreservate nach Konflikten nicht unwiederbringlich verloren. „Naturschutzorganisationen und humanitäre Organisationen sollten bei der Konfliktnachsorge eng zusammenarbeiten“, sagt Pringle. Dabei können ihm zufolge alle Seiten gewinnen: „Die langfristige Genesung der Natur hängt vom Wohlergehen und der Hoffnung der Menschen ab, und gesunde Umgebungen katalysieren wiederum das menschliche Wohlbefinden und die Hoffnung. Es handelt sich um  eine positive Feedback-Schleife“, so Pringle.

Originalarbeit der Forscher:

© wissenschaft.de – Martin Vieweg
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