Wer regelmäßig laute Musik via Kopfhörer hört, beeinträchtigt die Feinabstimmung seines Gehörs: Er kann wichtige Laute schlechter von Hintergrundgeräuschen unterscheiden. Das hat ein deutsch-japanisches Forscherteam bei Hörtests und Messungen der Hirnaktivität junger Erwachsener herausgefunden. Die eine Hälfte der Probanden nutzte dabei regelmäßig Kopfhörer, die andere nicht. Der Vergleich beider Gruppen ergab zwar keinen Unterschied bei klassischen Hörtests, bei der Wahrnehmungsfähigkeit in Situationen mit einer starken Geräuschkulisse oder lauten Hintergrundgeräuschen zeigten sich dagegen durchaus negative Folgen des lauten Musikkonsums, berichten die Forscher. Vermutlich entstehen spezielle Nervenschäden im Hörsystem, die zu einer Minderung der Hörgenauigkeit im Geräuschgewirr führen. Da diese Auswirkung jedoch vergleichsweise subtil sei, bleibe der Effekt häufig lange unbemerkt, sagen die Wissenschaftler. Dies sei ein weiterer Aspekt, der lautes Musikhören über Kopfhörer nicht empfehlenswert erscheinen lasse, schreibt das Team um Hidehiko Okamoto von der Universität Münster.
Viele Menschen nutzen tragbare Musik-Player beispielsweise in öffentlichen Verkehrsmitteln. Um die Hintergrundgeräusche nicht mehr wahrzunehmen, drehen sie dabei häufig die Lautstärke extrem auf – eine Gewohnheit, die immer wieder Warnungen vor Hörschäden auf den Plan ruft. Um zu prüfen, ob das Musikhören tatsächlich schlecht für die Ohren ist, untersuchten die Wissenschaftler jetzt das Hörvermögen von 13 Probanden, zu deren täglichem Tagesablauf das laute Beschallen per Kopfhörer gehört. Als Vergleichsgruppe dienten Studienteilnehmer ohne die Vorliebe für laute Kopfhörer-Musik. Alle Probanden absolvierten verschiedene Hörtests und unterzogen sich dabei einer sogenannten Magnetoenzephalographie, die ihre Nervenaktivität bei den Höreindrücken dokumentieren sollte.
Standard-Hörtests, die die Fähigkeit eines Menschen erfassen, einen einzelnen Ton geringer Lautstärke wahrzunehmen, ergaben bei beiden Gruppen ähnliche Werte. Wenn der Ton allerdings vor dem Hintergrund der Soundkulisse eines Fernsehers erklang, konnten ihn die Kopfhörer-Nutzer erst bei höherer Lautstärke wahrnehmen als die Vergleichs-Probanden. Die Auswertung der Messungen der Gehirnströme wies ebenfalls auf diese verzögerte Reaktion der Nerven auf den Ton hin. Als Lösung für die Liebhaber von Kopfhörermusik schlägt Okamoto den Einsatz von speziellen Kopfhörern vor, die Umweltgeräusche herausfiltern können. Produkte mit dieser “noise-cancelling”-Funktion sind bereits auf dem Markt erhältlich. Sie können an lauten Orten die Geräuschkulisse unterdrücken, so dass der Nutzer nicht die Lautstärke des Musik-Players erhöhen müsse.
Hidehiko Okamoto (Universität Münster) et al: PLoS One, Bd. 6, Nr. 3, Artikel e17022 dapd/wissenschaft.de –
Martin Vieweg