Es ist bereits seit einiger Zeit bekannt, dass auch Bienen Ruhe- beziehungsweise Schlafverhalten zeigen. „Im Lauf der Zeit sind immer mehr Ähnlichkeiten zwischen dem Schlaf der Bienen und dem Schlaf des Menschen ans Licht gekommen”, sagt Jürgen Tautz von der Universität Würzburg. Zunächst galt der Bienenschlaf nur als Phase der Bewegungslosigkeit, später stellten Forscher dann aber auch unterschiedlich tiefe Schlafphasen fest. Außerdem zeigte sich eine weitere spannende Parallele zum Menschen: Auch bei Bienen beeinträchtigt Schlafentzug die Lern- und Kommunikationsfähigkeiten.
Der aktuelle Beitrag zur Schlafforschung bei Bienen basiert nun unter anderem auf Beobachtungen mit dem sogenannten Hobos-System (Hobos steht für „Honeybee Online Studies”): Dabei wird das Geschehen in einem Bienenstock mit verschiedenen Sensor- und Messtechniken rund um die Uhr online überwacht. Das gibt den Forschern die Möglichkeit, Bienen beim Schlafen zu beobachten. Wer selbst einmal live in einen Bienenstock schauen möchte, kann dies übrigens tun: Jedem Interessierten wird unter http://www.hobos.de Einblick gewährt.
Die Beobachtungen der Forscher offenbarten nun: Junge Bienen, die im Innendienst eingesetzt sind, schlafen generell in leeren Zellen nahe dem Zentrum des Stocks, meistens im Brutbereich. Sie durchlaufen dabei täglich mehrere Schlafphasen, die sich auf Tag und Nacht verteilen. „Im Brutbereich herrscht rund um die Uhr emsiges Treiben”, sagt Tautz, „darum schläft es sich dort in leeren Zellen vermutlich am ungestörtesten.”
Sammelbienen schlafen anders
Doch wenn sie diesen Beruf an den Nagel hängen und vom Innen- zum Außendienst wechseln, verschiebt sich dieses Schlafverhalten allmählich, berichten die Forscher. Tautz erklärt: „Je älter die Bienen werden, desto weniger schlafen sie. Als Sammelbienen zeigen sie einen deutlichen Tag-Nacht-Rhythmus im Schlafverhalten. Sie schlafen dann generell außerhalb von Zellen und näher am Rand der Waben. Dort dürften sie in der Nacht weitgehend ungestört sein.”
Die Forscher haben durch das Hobos-System auch eine bislang unbekannte Schlafhaltung entdeckt: Die Tiere klemmen sich dabei mit Kopf und Hinterleibsende zwischen zwei Waben und lassen ihre Fühler und Beine ganz entspannt baumeln. In dieser Stellung können sie bis zu 30 Minuten komplett regungslos verharren. Ansonsten bleiben Bienen beim Schlafen einfach auf der Stelle sitzen und lassen ihre Fühler hängen.
Die Forscher wollen nun auch weiterhin das Schlafverhalten der faszinierenden Insekten „ausspionieren”, denn es sind noch viele Fragen offen. Eigentlich sind nicht einmal die Grundlagen bekannt: Wie beim menschlichen Schlaf ist die biologische Funktion des Bienen-Schlafs unklar. Es gibt zwar unterschiedliche Erklärungsansätze, aber keiner ist allgemein anerkannt. Eine Hypothese geht zum Beispiel davon aus, dass sich der Organismus im Schlaf regeneriert. Eine andere betrachtet den Schlaf als Energiesparmaßnahme, und eine dritte besagt, dass das Gehirn im Schlaf wichtige von unwichtigen Informationen trennt und das Gedächtnis sinnvoll belädt. Was dabei auf Bienen zutrifft, ist unklar. Möglicherweise kann aber auch die Bienenforschung dazu beitragen, grundlegende Geheimnisse des eigenartigen Ruhezustand aufzudecken.