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Wie gefährdet sind die Gefäßpflanzen Europas?

Erde|Umwelt

Wie gefährdet sind die Gefäßpflanzen Europas?
Pflanzen
Abbildungen einiger in Europa gefährdeter Pflanzen. © Vlaev, Dimiter in Peev, D. et al. (eds) (2015)

Im Vergleich zu vielen Tiergruppen sind Bestand und Gefährdung der meisten Pflanzenarten bisher kaum weltweit oder auch nur kontinentweit erfasst. Wie dies für Europa aussieht, haben Biologen nun bei den Gefäßpflanzen untersucht. Das Ergebnis: Fast 7000 in Europa vorkommende Pflanzenarten sind in mindestens einem europäischen Land als bedroht eingestuft. Sieben bis neun Prozent der erfassten Gefäßpflanzen kommen nur in Europa vor und sind in ihrem gesamten Verbreitungsraum gefährdet.

Pflanzen bilden die Grundlage für fast alle Nahrungsketten und Ökosysteme der Erde – entsprechend wichtig ist es, ihre Vielfalt zu erhalten. Bisher allerdings gibt es nur für rund zehn Prozent aller bekannten Pflanzenspezies überhaupt eine Abschätzung ihres globalen Gefährdungsstatus. In der globalen Roten Liste der Weltnaturschutzunion (IUCN) fehlen bisher 90 Prozent aller Pflanzenarten. “Solche Datenlücken können fatal sein, denn sie führen zu Unsicherheiten bei der Prioritätensetzung internationaler Naturschutzpolitik”, erklärt Erstautorin Hanna Holz von der Universität Halle.

Nationale Rote Listen und globale Verbreitung abgeglichen

Hinzu kommt, dass es zwar viele nationale Rote Listen gibt. Sie sagen aber wenig darüber aus, wie gefährdet oder häufig eine dort gelistete Spezies in anderen Ländern oder Erdteilen ist. Um hier Abhilfe zu schaffen, haben nun Holz und ihre Kollegen zumindest für Europa eine übergreifende Einschätzung des Gefährdungsstatus von Gefäßpflanzen durchgeführt. Zu den Gefäßpflanzen gehören fast alle Pflanzen außer Moosen, Algen und Flechten. Für die Studie werteten die Biologen die nationalen Roten Listen von 37 europäischen Ländern aus den Jahren 1999 bis 2020 aus und fassten die dort aufgeführten Pflanzenarten in einer Datenbank zusammen.

“Die geografische Spannbreite dieser Daten reicht von Portugal im Westen bis Rumänien im Osten und von Norwegen in Norden bis Zypern im Süden”, so das Team. Insgesamt umfasste die fertige Auflistung 20.00 bis 25.000 in Europa vorkommende Spezies von Gefäßpflanzen, von denen 7192 auf mindestens einer Roten Liste vorkamen. Um herauszufinden, wo und wie weit diese Pflanzenarten auch über Europa hinaus verbreitet sind, glichen Holz und ihre Kollegen diese Daten mit der “Plants of the World”-Datenbank der Kew Gardens in England ab. Diese enthält Daten zur geografischen Verbreitung nahezu aller bekannten Gefäßpflanzenarten – insgesamt rund 345.000 Spezies.

Ein Drittel ist gefährdet

Es zeigte sich: “Fast die Hälfte aller in unseren Roten Listen erfassten Arten sind für Europa endemisch”, berichten die Wissenschaftler. Diese 3282 gefährdeten Spezies kommen demnach nur in Europa vor, nirgendwo anders auf der Welt. Von den rund 20.000 bis 25.000 insgesamt auf unserem Kontinent verbreiteten Gefäßpflanzenarten sind wiederum 7000 in mindestens einem europäischen Land als gefährdet eingestuft – rund ein Drittel. Noch bedenklicher aber ist die Lage für die Pflanzen, die in ihrem gesamten Verbreitungsgebiet gefährdet sind – und die auch weltweit nirgendwo sonst ein Refugium haben.

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Von den in Europa vorkommenden Gefäßpflanzen gilt dies für rund 1800 Arten, wie Holz und ihr Team ermittelten: Sieben bis neun Prozent aller in Europa vorkommenden Gefäßpflanzenarten sind demnach auch weltweit in ihrem Fortbestand gefährdet. Besondere Hotspots endemischer, in ihrem gesamten Verbreitungsgebiet bedrohter Pflanzenarten sind dabei der Mittelmeerraum und Schweden, wie Holz und ihre Kollegen berichten. Ein Großteil dieser Spezies ist zudem bisher in der noch sehr unvollständigen globalen Roten Liste der Pflanzenvielfalt noch nicht enthalten. Auch die nationalen Rote Listen decken in der Regel nur die Hälfte aller in einem bestimmten Land vorkommenden Pflanzen ab – weshalb die aktuelle Erhebung die Gefährdung eher unterschätzt, wie das Team betont.

Beitrag zum Biodiversitätsziel der UN

Nach Ansicht von Holz und ihren Kollegen tragen ihre Ergebnisse nun dazu bei, das Wissen um den Gefährdungszustand der weltweiten Pflanzenwelt zu erweitern. Wird diese Methodik auch auf anderen Kontinenten eingesetzt, dann könnte dies dabei helfen, die großen Lücken in der globalen Roten Liste zu schließen. Damit wiederum käme man dem Ziel der Biodiversitätskonvention (CBD) der Vereinten Nationen näher, die sich das Ziel gesetzt hatte, bis spätestens 2020 eine umfassende Liste bedrohter Pflanzenarten zu erstellen – ein Ziel, das nicht erreicht werden konnte. “Mit unseren Ergebnissen tragen wir nun dazu bei, das wichtigste Instrument internationaler Naturschutzpolitik in diesem Bereich zu aktualisieren und zu erweitern”, sagt Holz.

Quelle: Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig; Fachartikel: Plants, People, Planet, doi: 10.1002/ppp3.10251

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