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Wie man Viren fängt

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Wie man Viren fängt
In Zukunft könnten winzige Fallen helfen, Virusinfektionen wie HIV in Schach zu halten. Die Idee dahinter: Da Viren zur Vermehrung die Vervielfältigungsmaschinerie von Körperzellen brauchen, wäre ihr Siegeszug gestoppt, wenn sie statt in normale Zellen in zellartige Gebilde gelockt würden, in der es genau diese Maschinerie nicht gibt. Als derartige Sackgassen kämen etwa rote Blutkörperchen infrage, die von Natur aus keinen Zellkern besitzen, oder auch künstlich erzeugte Nanokügelchen mit maßgeschneiderten Oberflächen. Derzeit arbeiten mehrere Arbeitsgruppen an solchen Virusfallen, berichtet das Wissenschaftsmagazin „New Scientist“.

Der Knackpunkt einer jeden potenziellen Falle ist ihre Oberfläche: Damit ein Virus mit Hilfe bestimmter Schlüsselproteine daran andocken und anschließend eindringen kann, muss sie mit dem passenden Schloss ausgestattet sein. Rote Blutkörperchen mit solchen Erkennungsstellen zu versehen, ist bei Mäusen bereits gelungen. Ein Team amerikanischer Forscher um Robert Finberg von der Universität von Massachussets hat die Tiere dazu genetisch so verändert, dass ihre roten Blutzellen einen ganz bestimmten Rezeptor namens CAR auf der Oberfläche trugen. Dieses Schlossprotein kommt zwar auf vielen Körperzellen vor, normalerweise jedoch nicht auf roten Blutkörperchen. Es scheint wichtig für die embryonale Entwicklung zu sein, dient aber auch Erkältungsviren als Erkennungs- und Eintrittsstelle in die Zellen.

Die Strategie zahlte sich aus: Im Labor reduzierten die Virusfallen die Menge solcher Erkältungserreger innerhalb von zehn Minuten um 90 Prozent, und auch in lebenden Mäusen hatten die veränderten Zellen nach 72 Stunden 90 Prozent der Erreger abgefangen. Allerdings sei es schwierig, einen solchen Ansatz auf den Menschen zu übertragen, schränken die Wissenschaftler ein. Für vielversprechender halten sie synthetische Fallen, vor allem Nanopartikel, die mit den gleichen Rezeptoren ausgestattet sind. Hier müsse jedoch zuerst sichergestellt werden, dass die winzigen Kügelchen keine unerwünschten Nebenwirkungen verursachten. Eine weitere Variante verfolgt ein Team von der Yale-Universität: Anstatt alle roten Blutkörperchen zu verändern, entnehmen die Forscher nur einige, modifizieren deren Oberfläche und spritzen sie zurück in den Körper. Auf diese Weise hoffen sie unter anderem, die Virenanzahl bei HIV-Infektionen reduzieren zu können.

Praktische Anwendungen werden allerdings noch Jahre auf sich warten lassen. Auch ist nicht zu erwarten, dass die Fallen alleine ausreichen werden, um aggressive Infektionen vollständig zu heilen. Sie können jedoch die Virusmenge stark reduzieren, so dass das Immunsystem mit dem Rest alleine fertig wird, so die Hoffnung. Die größte Stärke dieses Ansatzes liege jedoch darin, dass eine Resistenzbildung praktisch undenkbar ist: Sobald die Viren nämlich lernen, den auf die Falle gesetzten Rezeptor zu vermeiden, können sie auch die Körperzellen nicht mehr infizieren.

New Scientist, 20. Oktober, Seite 43 ddp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel
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