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Wie Sprache das Denken formt

Erde|Umwelt Gesellschaft|Psychologie

Wie Sprache das Denken formt
Die Muttersprache prägt die Wahrnehmung und die Denkstruktur eines Menschen viel stärker als bislang angenommen. So können Menschen, die mit einer Sprache ohne Zahlen aufwachsen, auch gedanklich eine unterschiedliche Anzahl von Gegenständen nicht unterscheiden. Das entdeckte der amerikanische Verhaltensforscher Peter Gordon bei der Beobachtung des Volksstamms der Pirahã am brasilianischen Amazonas. In der Sprache dieser fast völlig isoliert lebenden Menschen gibt es lediglich die Zahlwörter “eins”, “zwei” und “viele”. Der Wissenschaftler von der Columbia-Universität in New York beschreibt seine Studie in der Fachzeitschrift Science (Online-Vorabveröffentlichung, DOI: 10.1126/science.1094492).

Bereits Ende der dreißiger Jahre des vergangenen Jahrhunderts stellte der Sprachwissenschaftler Benjamin Lee Whorf die Theorie auf, dass die erlernte Sprache einen extrem starken Einfluss auf die kognitiven Fähigkeiten eines Menschen hat. Bestimmte Denkkonzepte, so seine These, sind demnach überhaupt nicht zugänglich, wenn die Sprache dafür keinen Ausdruck kennt. Kritiker sind jedoch der Ansicht, es gebe bislang keinen Beweis für eine so starke Prägung.

Ein solcher Beweis könnte Peter Gordon jetzt jedoch gelungen sein. Er zeigte einigen Pirahã eine Reihe von Gegenständen und bat sie, genauso viele Gegenstände vor sich hinzulegen. Während die Indianer bei bis zu drei Objekten praktisch keine Fehler machten, konnten sie bei mehr als sechs Gegenständen nicht unterscheiden, ob sechs, acht oder zehn Objekte vor ihnen lagen. Die einzige Ausnahme bildete ein Test, bei dem die zu zählenden Gegenstände nicht in einer gleichmäßigen Reihe, sondern mit unterschiedlich großen Abständen voneinander angeordnet waren: Hier gelang den Pirahã, auch sieben, acht oder neun Objekte richtig einzuschätzen.

Das Konzept korrekter, separater Zahlen ist den Pirahã völlig unbekannt und für sie auch nicht fassbar, schließt Gordon aus diesen Versuchen. Sie müssen nach Ansicht des Forschers jedoch ein grobes Schätzsystem haben, denn die Verteilung der falschen Antworten bei größeren Mengen von Gegenständen war nicht dem Zufall überlassen. Das gute Abschneiden bei den ungleichmäßig angeordneten Objekten lasse sich wahrscheinlich damit erklären, dass sich durch die Anordnung kleinere Gruppen von Gegenständen gebildet hätten, die dann wieder in das “eins-zwei-viele”-Schema passten.

ddp/bdw ? Ilka Lehnen-Beyel
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