Die Legenden sind alt und Berichte von Neusichtungen reißen nicht ab. Gibt es in den entlegenen Regionen des Himalaya womöglich doch eine unentdeckte Primatenart oder eine bis heute existierende Urmenschenform? Lange mieden es Forscher, dieser Frage nachzugehen, denn die Basis des Yeti-Themas ist dünn: Kein Kadaver oder Fossil ließ sich bisher einem entsprechenden Wesen zuordnen. Doch Bryan Sykes von der University of Oxford und seine Kollegen wagten sich schließlich doch an die Yeti-Forschung. Sie führten Genanalysen von 36 angeblichen Yeti-Haarproben durch. Letztes Jahr sorgten ihre Ergebnisse dann für Schlagzeilen.
Es blieb ein Hauch des Geheimnisvollen
Für Yeti-Freunde war bereits das Fazit dieser Studie ernüchternd: Hinweise auf einen bizarren Schneemenschen fanden die Forscher nämlich nicht. Die meisten Proben stammten von völlig unspektakulären Wesen: Bären oder Rindern. Doch die Analyseergebnisse zweier Proben verpassten dem Thema Yeti dann doch erneut den Glanz des Geheimnisvollen: Die Genanalyse beider Proben ergab eine Übereinstimmung mit der DNA eines 40.000 Jahre alten fossilen Eisbären. Vom Genmuster der modernen arktischen Eisbären weichte die DNA der Proben allerdings angeblich ab. Dies warf die Spekulation auf: Im Himalaya könnte es noch eine unbekannte Bärenart geben, die urzeitlichen Eisbären ähnelt. Bryan Sykes und seine Kollegen räumten allerdings bereits damals ein, dass ihre Ergebnisse erneut überprüft werden müssten.
Yeti-Bären sind gewöhnliche Braunbären
Genau das haben die Forscher um den Evolutionsbiologen Eliécer Gutiérrez von der University of Kansas in Lawrence nun getan. Grundsätzlich sei in der Zwischenzeit klar geworden, dass die Vergleichsprobe gar nicht von einem 40.000 Jahre alten fossilen Eisbären stammte. Das Tier war in Wirklichkeit nicht so alt – es handelte sich um einen modernen Eisbären. Dennoch blieb natürlich die Frage nach der Ursache für die angebliche genetischen Gemeinsamkeit mit den Proben aus dem Himalaya.
Aber auch in diesem Fall konnten die Forscher belegen, dass es anhand der vorliegenden degradierten DNA-Proben nicht möglich ist, die sechs heute existierenden Bärenarten klar auseinander zu halten. Mit anderen Worten: Die mysteriösen Proben könnten zwar theoretisch von einem Wesen stammen, das dem Eisbären ähnelt – aber warum sollten sie? Die buchstäblich naheliegende Erklärung ist den Forschern zufolge viel wahrscheinlicher: Die ungewöhnlichen Proben stammen schlicht von den bekannten einheimischen Braunbären des Himalaya. So kommen Eliécer Gutiérrez und seine Kollegen zu dem Fazit: „Es gibt keinen Grund den mysteriösen Schneemenschen nun durch einen mysteriösen Bären zu ersetzen“.