Schiffswracks enthalten mehr Informationen über ihre Herkunft als bisher angenommen: Die Art der Pollenkörner, die während des Baus im Dichtungsmaterial haften geblieben sind, kann noch Jahrhunderte später genaue Auskunft darüber geben, wo das Schiff gebaut worden ist. Über diese Entdeckung eines französischen Wissenschaftlers berichtet der Online-Dienst der Fachzeitschrift Nature.
Das Alter antiker Schiffe ist für Wissenschaftler leicht abzuschätzen, da dafür nur das im Rumpf verbaute Holz analysiert und datiert werden muss. Doch auch wenn die Herkunft des Baustoffs bekannt ist, können die Forscher meist keine Rückschlüsse auf den tatsächlichen Standort der Werft ziehen, da Bauholz häufig aus weit entfernten Gegenden importiert wurde. Serge Muller von der
Universität Montpellier entdeckte jetzt jedoch, dass auch das Umfeld der Werft dem Schiff seinen Stempel aufdrückt: Beim Bau der Schiffe bliebt im Harz, das als Dichtungsmasse im Rumpf verwendet wurde,
Pollen von den Pflanzen der direkten Umgebung kleben und wurde so konserviert.
Jede Gegend hat dabei ihren eigenen „Pollen-Fingerabdruck“: Da die Vegetation von Region zu Region variiert, ist die Zusammensetzung des Pollen individuell verschieden und daher fast ebenso gut wie ein schriftlicher Herkunftsnachweis. Das konnte Muller bereits an einem konkreten Beispiel nachweisen: Das 2.000 Jahre alte Wrack der Baie-de-l’Amitié, das heute an der Mittelmeerküste Frankreichs liegt, enthält sowohl Pollen von Platanen als auch von Raute und anderen Gräsern. Das Schiff sei damit eindeutig in Italien gebaut worden, folgerte Muller. Er und seine Kollegen erhoffen sich von der Methode unter anderem neue Erkenntnisse über antike Transportwege. Auch die Herkunft der persischen Flotte, die im fünften Jahrhundert vor Christus in Griechenland einfiel, könne möglicherweise auf diese Weise bestimmt werden.
ddp/bdw ? Ilka Lehnen-Beyel