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Zeitlupe im Hirn

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Zeitlupe im Hirn
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Der Ball scheint in der Sekunde vor dem Aufschlag langsamer zu fliegen. Bild: chris.peplin/flickr
Unmittelbar vor einer Handlung, wie etwa dem Schlagen eines Balls mit dem Schläger, verlangsamt sich die zeitliche Wahrnehmung eines Sportlers. Dadurch haben die Spieler sozusagen mehr Muße, den Ball zu beobachten, und können beispielsweise die Ausrichtung ihres Schlägers korrigieren. Das haben britische und japanische Forscher jetzt gezeigt. Der Effekt ist jedoch nur zu beobachten, wenn sich die betreffende Person auf eine Handlung vorbereiten kann, und nicht, wenn sie spontan reagieren muss.

Professionelle Ballsportler wie Tennis- oder Baseballspieler berichten immer wieder davon, dass der Ball scheinbar abbremst, bevor sie ihn treffen. Um dieses Phänomen wissenschaftlich zu überprüfen, hat sich nun ein Forscherteam um Nobuhiro Hagura vom University College London zusammengeschlossen. Die Wissenschaftler führten fünf Untersuchungen mit jeweils etwa elf Probanden im Alter zwischen 18 und 35 Jahren durch. Die Teilnehmer blickten dabei mit knapp 80 Zentimetern Abstand auf einen Touchscreen mit verschiedenen Motiven, wie Kreisen, Buchstaben und Kreuzen. Je nach Aufgabenstellung und Versuch mussten sie auf bestimmte Reize reagieren und verschiedene Rückmeldungen geben, entweder durch Drücken eines Knopfes oder Berührung bestimmter Stellen des Bildschirms. Bei allen Durchläufen mussten sie anschließend beurteilen, ob sie bestimmte Motive, die direkt vor dem Drücken zu sehen waren, lange oder kurz wahrgenommenhaben.

Nach den Tests werteten die Wissenschaftler Reaktionszeit, Bewegungszeit und die Einschätzungen der Probanden in Bezug auf die Zeit direkt vor den Handlungen aus. Dabei zeigte sich: Die Zeit wird tatsächlich verlangsamt wahrgenommen, wenn man sich auf eine Handlung vorbereitet. Dies gilt aber nicht nur für Ballsportler. Während der Untersuchungen stellten die Forscher ebenfalls fest, dass die Probanden Buchstaben auf dem Bildschirm besser erfassen konnten, wenn sie sich gerade auf eine Handlung wie das Drücken des Knopfes nach einem bestimmten Signal vorbereiteten.

Durch die vielen sensorischen Informationen, die im Moment des Beobachtens aufgenommen werden, kann das Gehirn sozusagen in der letzten Sekunde die geplante Handlung verändern oder abbremsen. Es ist laut der Studie für das Gehirn sehr wichtig, die Möglichkeiten einer Änderung oder eines Abbrechens der Bewegung zu maximieren. Für einen Tennisspieler hieße das konkret: Er sieht einen Ball auf sich zukommen, der scheinbar rechts an ihm vorbeizufliegen droht. Der Spieler bringt den Schläger in Position. In den Sekunden vor dem Aufschlag scheint der Ball langsamer zu fliegen, und der Sportler bemerkt, dass er seine Position noch etwas verändern muss, um den Ball zu treffen. Durch die scheinbar langsamer verlaufende Zeit hat er die Möglichkeit, diese Informationen zu verarbeiten und seinen Schläger noch etwas anders auszurichten. Daraufhin trifft er den Ball und kann ihn erfolgreich zurück übers Netz schlagen.

Nobuhiro Hagura (University College London) et al.: Proceedings of the Royal Society B; doi: 10.1098/rspb.2012.1339 © wissenschaft.de – Gesa Seidel
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