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1. Etappe: Tempel, Gräber und Paläste

Geschichte|Archäologie

1. Etappe: Tempel, Gräber und Paläste
Tempel, Gräber und Paläste – die bild der wissenschaft-Leserreise ins Goldene Zeitalter Chinas Vor die Erleuchtung haben die Chinesen die Stäbchen gesetzt: Tapfer kämpfen die Reiseteilnehmer mit Holz- oder Plastikgeräten, die im gleichen Maße wie Computer ein Eigenleben führen und zwar ein sehr eigensinniges! Nach vier Tagen im Reich der Mitte haben einige den Griff schon gut raus, andere rätseln immer noch vor vollen Schüsseln, wie man wohl Suppe mit diesen verlängerten Zahnstochern essen kann, die Pragmatischen haben ein Camping-Besteck dabei.

Dennoch ist es bisher nicht zu Ausfallerscheinungen gekommen. Wie sollte es auch – bei dem Überangebot an Protz und Prunk, Kultur und Kult, Großartigkeit und Verinnerlichung chinesischer Lebensart, die wir bislang gesehen haben: Peking mit seiner Verbotenen Stadt – der früheren Kaiserresidenz und größten Palastanlage der Welt – Museen, Tempel, herrschaftlichen Mausoleen – man muß sich ganz schön beeilen, um hinterher zu kommen und die Dinge einzuordnen und abzuspeichern. (Mehr über die Verbotene Stadt unter bdw-Highlight: Die Verbotene Stadt.)

Vor den Toren Pekings verläuft die Große Mauer. Sie zu besuchen ist ein Muß. Nach der Verbotenen Stadt wirkt die Mauer als Bauwerk weniger spekrakulär als die Idee. Zwar hat der 6000 Kilometer lange Schutzwall letztendlich nichts genutzt, doch bewahrte sie China lange Zeit vor den Einfällen feindlicher Nomaden aus dem Norden. (Mehr über die große Mauer unter bdw-Highlight: Die Große Mauer.)

Von Peking geht die Reise nach Luoyang, nödlich des Flusses Luo. Die Stadt gehörte zu den berühmten Hauptstädten des alten China. Bereits 770 v. Chr. verlegten die Zhou ihren Regierungssitz in die Nähe von Luoyang. Die sogenannten östlichen Han (25 bis 220 n. Chr.) Bauten es zu einer prächtigen Residenz aus, mit einem ersten buddhistischen Tempel, einer berühmten Kaiserlichen Akademie für 30.000 Studenten und einer Bibliothek in bis dahin unbekanntem Ausmaß. In jenen Jahren erfand der Luoyanger Cai Lun das Papier.

Die Ratter- und Polterfahrt mit dem Nachtzug von Peking nach Luoyang haben auch alle lebend überstanden, obwohl die Benutzung der sanitären Einrichtungen ein kompaktes Vertrauen ins eigene Immunsystem erfordert. Aber was ist das wieder gegen die phantastischen Longmen-Grotten – tausende von großen und kleinen Nieschen und Höhlen von buddhistischen Mönchen in die Bergwand gegraben um mit zehntausenden von Statuen bestückt! Die Grotten entstanden während der Nördlichen Wei-Dynastie (386-534), deren Herrscher die ersten bedeutenden Förderer des Buddhismus entlang der Seidenstraße waren.

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Der Name Longmen bedeutet Drachentor und leitet sich von dem 14 km südlich von Luoyang gelegenen Durchbruch des Yi-Flusses her. Die Grotten säumen die Steilhänge zu beiden Seiten des Flusses. Die ersten Grotten am Drachentor wurden 494 n. Chr. geschaffen. Insgesamt wurden während der etwa 350jährigen Bauphase 1352 Höhlen und Nieschen aus dem Fels geschlagen, die 97306 Skulpturen und 3068 Inschriften enthielten. Den meisten Buddha-Figuren fehlen die Köpfe oder zumindest die Gesichter, sie sind bei einer der vielen politisch angeordneten Vandalismus-Ausbrüchen schon vor Jahrhunderten zerstört worden. Auch skrupellose westliche „Sammler“ des 19. und 20. Jahrhunderts halfen mit, daß insgesamt etwa neun Zehntel der Schätze zerstört wurden. Dennoch gibt die sich lang hinziehende Anlage auch heute noch einen imposanten Eindruck vom religiösen Impetus der vielen Spender und Erbauer – vom ästhetischen Reiz ganz zu schweigen. Die größte und zweifellos beeindruckendste Anlage ist der Feng Xian-Tempel, der zwischen 672 und 675 aus dem Fels gearbeitet wurde. In Auftrag gegeben hatte ihn Wu Zhao, die Konkubine der beiden Kaiser Taizong und Gaozong, die als Wu Zetian 690 selbst den Kaisertitel annahm. Im Innern des Tempels befindet sich der 17,2 Meter hohe, auf einer Lotusblühte thronende Buddha Vaironcan. Allein sein Kopf ist vier und seine Ohren je zwei Meter hoch.

Die Bahnfahrt von Luoyang zu dem 500 Kilometer entfernten Xi’an führte sechs Stunden lang aus der chinesischen Ebene allmählig ins fruchtbare Löß-Land Mittelchinas durch bizarre Landschaften und armselige Dörfer, deren Bewohner eine gartenähnliche Landwirtschaft betreiben. Landwirtschaftliche Maschinen haben wir hier noch nicht gesehen, aber viele Menschen auf den Feldern. Jedes etwas größere Dorf hat eine eigene Ziegelei. Viele, jetzt ausgetrocknete Flußbetten zeugen von großen Wassermassen, die von den Bergen kommen und nicht nur segensreich wirken. Xi’an, heute Hauptstadt der Provinz Shaanxi und ehemals alte Kaiserstadt, diente für viele Dynastien als Residenz und hat dadurch mehr als anderer Städte zur Kultur und Zivilisation Chinas beigetragen. Nahe dem Wei-Fluß gelegen, war sie unter wechselnden Namen zwischen dem 11. Jahrhundert v. Chr. und dem 10. Jahrhundert n. Chr. Machtzentrum Chinas. Die Zhou-Herrscher hatten hier vom 11. Jahrhundert v. Chr. bis 771 v. Chr. ihre Hauptstadt. Zeugnisse jener Zeit sind die Gräber bei Xianyang, am Nordufer des Wei-Flusses. Man nimmt an, daß dort die vier Zhou-Könige Wen, Wu, Cheng und Kang ruhen.

Zur bedeutendsten Stadt Ostasiens entwickelte sich Xi’an, damals Chang’an (Ewiger Friede) mit der Herrschaft der Tang-Dynastie (618 bis 907), die das Land für Einflüsse aus aller Welt, besonders aus Fernwest öffnete. Hier vor allem fand das „Goldene Zeitalter Chinas“ statt. Auf einer Fläche von 35 Quadratkilometer lebten etwa 2 Millionen Einwohner. Verschiedene Mauern umgaben die einzelnen, schachbrettartig angelegten Stadtviertel, den Palast und die gesamte Stadt. Seinen Reichtum verdankte Chang’an vor allem den Handelskontakten mit Zentralasien und dem Nahen Osten. Die Karavanen begannen nämlich hier ihren Weg auf der berühmten Seidenstraße Richtung Westen (siehe auch bdw-Highlight: „Die Seidenstraße). Nach dem Sturz der Tang-Dynastie wurde die Stadt fast vollständig zerstört. Erst in den Jahren 1374 bis 78 wurde erneut eine Mächtige Mauer um Xi’an (westlicher Friede) gezogen. Die mingzeitliche Stadt bedeckte jedoch nur ein Sechstel der Größe von einst. Heute ist der Großraum Xi’an mit rund 6,2 Millionen Einwohnern der größte Textilproduzent in Nordwestchina und ein wichtiger Industriestandort. Xi’an wird der Ausgangspunkt verschiedener Exkursionen in den nächsten Tagen sein – zum Beispiel der Besuch der riesigen Kaisermausoleen der Tangherrschaft.

Michael Zick
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