Noch bis zum 9. März 2014 widmet sich das Braunschweigische Landesmuseum in der Ausstellung „1913 – Herrlich moderne Zeiten?“ dem ereignisreichen Beginn des 20. Jahrhunderts. Die Schau befasst sich mit der gesellschaftlichen, politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Situation im damaligen Herzogtum Braunschweig sowie im Deutschen Kaiserreich. Rund 150 Exponate beleuchten das neue Kapitel in der Familiengeschichte der Welfen und Hohenzollern, das mit der Vermählung von Kaisertochter Viktoria Luise und Ernst August Herzog zu Braunschweig und Wolfenbüttel aufgeschlagen wurde.
Die Ausstellung zeichnet nach, wie das traditionelle Selbstverständnis der neuen Monarchen auf eine Gesellschaft traf, die von Entwicklungen und Ideen geprägt wurde, die der wieder auflebenden Monarchie kaum konträrer gegenüber stehen konnten. „Die gesellschaftlichen und politischen Pole, zwischen denen die Menschen damals schwankten, drücken sich in unserer Ausstellung an vier Objekten exemplarisch aus: auf der einen Seite das Diadem, das die Braunschweiger der neuen Herzogin Viktoria Luise zur Hochzeit schenkten, auf der anderen ein Koffer von August Bebel sowie ein knallroter Badeanzug, der für das neue Freizeitvergnügen steht und dem ein Korsett gegenübergestellt ist, das immer noch in Mode war“, resümiert Ausstellungskurator Maik Ohnezeit. „Durch eine historisch-kritische Analyse der Zeit möchten wir den Besucher ermutigen, nach dem Rundgang eine individuelle Antwort auf die Frage zu finden, wie sich die traditionelle Monarchie mit der immer weiter fortschreitenden Modernisierung von Industrie und Gesellschaft vertrugen.“
Auch der technische Fortschritt wird in der Ausstellung beleuchtet – sorgten doch Erfindungen wie die Telegraphie, Automobile und Motorräder für eine Beschleunigung der Lebensweise, welche die Gesellschaft vor neue Herausforderungen stellte. „Es zeigt sich, dass die Moderne nicht wie ein Phönix aus der Asche nach dem ersten Weltkrieg aufstieg, sondern sich bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit enormen Schritten entwickelte. Bereits hier wurde der Grundstein für das Medienzeitalter und die Freizeitgesellschaft gelegt. Enorme Fortschritte in den Bereichen Mobilität, Elektrizität sowie in Medizin und Technik erhöhten die Lebensqualität“, erzählt Museumsdirektorin Heike Pöppelmann.
Eigens für die Ausstellung hat das Museum einen Kinosaal mit Originalobjekten eingerichtet, in dem eine lange vergessene zeitgenössische Fassung des „Hauptmann von Köpenick“ aus dem Jahr 1906 gezeigt wird. Das Stück bewegte Geschichte steht stellvertretend für das Kino, das sich Anfang des 20. Jahrhunderts als ein neues Freizeitvergnügen entwickelte, dem man sich dank der geregelten Arbeitszeiten in den Fabriken und Büros nun widmen konnte.
Das Landesmuseum entwirft mit der Zusammenstellung der Exponate, wie beispielsweise dem roten Badeanzug und dem himbeerfarbenen Frotteekleid Viktoria Luises, ein buntes Bild einer Zeit, die bisher oft als Schwarz-Weiß-Aufnahme wahrgenommen wurde.