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Ägypten in Hildesheim

Museum: Deutsches Filmmuseum Frankfurt

Ägypten in Hildesheim
Foto, um 1927, Leipzig, N 8315, Blick auf die Pyramiden (von links nach rechts: Cheopspyramide, Chephrenpyramide, Mykerinospyramide) und den davor liegenden Westfriedhof. Im Vordergrund das Mena-House-Hotel © Ägyptisches Museum der Universität Leipzig

Von 1903 bis 1929 führten die Ägyptologen Georg Steindorff von der Universität Leipzig und Hermann Junker im Auftrag der Akademie der Wissenschaften Wien in Giza Ausgrabungen durch. Das Wüstenplateau von Giza, unweit der Hauptstadt Kairo gelegen, mit seinen berühmten Pyramiden ist heute das einzige verbliebene Weltwunder der Antike. Die Ausgrabungen wurden zu einem erheblichen Teil vom Hildesheimer Unternehmer und Bankier Wilhelm Pelizaeus finanziert. Pelizaeus, der in Kairo und Alexandrien lange Zeit tätig war, sammelte altägyptische Kunstschätze. Im Zuge der Grabungen wurden die Funde unter ihm und den beteiligten Institutionen in Leipzig und Wien aufgeteilt. Der Hildesheimer Unternehmer vermachte seine Objekte 1907 seiner Heimatstadt. Somit war der Grundstock für das 1911 eröffnete Pelizaeus-Museum gelegt, das heute eine der weltweit bedeutendsten Altägypten-Sammlungen außerhalb Ägyptens beherbergt.

Giza war in der vierten Dynastie des Alten Reichs (2649-2504 v.Chr.) ein großer Begräbnisplatz. Neben den Pyramiden des Mykerinos, des Chephren und des Cheops sowie den drei kleinen Königinnenpyramiden lagen dort auch die Gräber der Elite, die ihnen in der Staatsverwaltung diente. Giza war noch über die vierte Dynastie hinaus Friedhof der Staatsdiener, Handwerker und Priester, die dort ihre „Häuser für die Ewigkeit“ errichteten. Die Hildesheimer Jubiläumsausstellung „GIZA. Am Fuß der großen Pyramiden“ zeigt erstmals die gemeinsamen Funde der Steindorff- und Junker-Grabungen und bettet sie auf diese Weise in ihren ursprünglichen Kontext ein. Dies wurde durch Leihgaben aus Ägypten, Europa und den USA möglich. Eindrucksvoll inszeniert, geben die Fundstücke Einblicke in vier Gräber und ihre Ausstattung.

Die Ausstellung gliedert sich in drei thematisch aufeinander aufbauende Räume. Im ersten Raum werden die Grundlagen, das heißt Ort, Grabform, Grabbau und die damaligen Vorstellungen vom körperlichen Weiterleben nach dem Tod, vermittelt. Die typische Architekturform der Beamtengräber war die Mastaba (arab. „Sitzbank“), die aus einem rechteckigen Oberbau mit geböschten Außenwänden und der von außen zugänglichen Kultkammer, einer unterirdischen Anlage mit Grabschacht sowie einer Sargkammer bestand. Mithilfe eines schachtförmigen Podestes, auf dem die Funde aus der Sargkammer präsentiert werden und einer abgezweigten Sargkamme, findet sich dieses Grundmuster auch in der Ausstellungsarchitektur wider. Der Besucher erlebt auf diese Weise die Entdeckung des Sarges mit Kopfstütze und Schmuck und kann auch die Kultkammer betreten. In der Vorstellungswelt der alten Ägypter von einer neuen, ewigen Daseinsform kam dem Schutz sowie der Erhaltung des Leichnams besondere Bedeutung zu. Als konservatorische Maßnahmen dienten zum einen die Entnahme und separate Bestattung der inneren Organe, zum anderen wurde auch mit Balsamierungen, in Harz getränkte Leinenwicklungen und Auflagen aus Gips experimentiert. Hier zeigen sich erste Schritte zur „klassischen“ Mumifizierung späterer Epochen.

Der mittlere Raum der Ausstellung widmet sich bisher unveröffentlichten Grabungen Georg Steindorffs. Im Rahmen des internationalen Giza-Projekts konnten seit 2006 die Fundzusammenhänge von Steindorffs frühen Grabungen (1903-1905) rekonstruiert werden. Erstmalig können somit die Funde aus den Gräbern des Tep-em-anch, des Memi, des Djascha und des Nefer-ihi gemeinsam und in ihrem ursprünglichen Kontext gezeigt werden. Zu diesem Zweck wurden die betretbaren Grabanlagen mit ihrer Mastaba-Architektur nachgebaut. Als Höhepunkt kann hierbei das Grab des Djascha gelten, in dem fünf Statuen des Grabherrn und seiner Familie sowie 15 Dienerfiguren gefunden wurden. Djascha war zunächst in der staatlichen Leinenherstellung tätig, bevor er die Ämter eines „Regierungspriesters des Königs“, „Gottesdieners der Königsmutter“ und „Ka-Dieners“ erhielt. Aufgrund dieser neuen Tätigkeiten im königlichen und privaten Totenkult war es ihm möglich, ein Grab zu errichten und mit zahlreichen Statuen auszustatten. Die gefundenen Statuen aus Djaschas Grab zeigen Diener, die Korn mahlen, Bier brauen oder Fleisch kochen. Es sind Momentaufnahmen zur ewigen Versorgung des Grabherren.

Der letzte Ausstellungsbereich thematisiert die Grabbesitzer von Giza. Giza entwickelte sich als königliche Pyramidenstadt zu einer blühenden Siedlung, in der Handwerker, Totenpriester, Schreiber, Nekropolenwächter und kleine Beamte lebten und arbeiteten. Oftmals waren sie auch im königlichen und privaten Totenkult tätig und legten sich später selber Gräber auf dem Westfriedhof an. Einer von ihnen war Ptah-schepses, ein „Inspektor der Totenpriester“. Er hatte sich während der sechsten Dynastie ein bescheidenes Grab angelegt, das jedoch von antiken Grabräubern schon völlig zerstört worden war, als es 1913 entdeckt und freigelegt wurde. Einzig die Statuenkammer (Serdab) war übersehen worden. In ihr fanden sich noch 14 Figuren, von denen 13 nun zum ersten Mal gezeigt werden können. Große Bedeutung besaß im alten Ägypten die Familie, die aus dem Ehepaar und seinen Kindern bestand und als Kern der Gesellschaft galt. In der Ausstellung wird sie in mehreren Erscheinungsformen (Ehepaar mit Kindern, Mutter mit Kind, Ehepaar) gezeigt.

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Der Mann als Haushaltsvorstand war in der Regel der Grabherr, der nach seinem Tod für seine Frau sorgte, indem er ihr einen eigenen Grabschacht zuwies und sich gemeinsam mit ihr darstellen ließ. Frauen als Grabherrinnen, dargestellt in der Sitzfigur der festlich gekleideten Dame Nebet-pedjet, sind kaum belegt. In einem weiteren Bereich werden auch die königlichen Beamten präsentiert. Hier findet sich vor allem die Darstellung als Schreiber, da die Ausbildung zum Schreiber Voraussetzung für eine Beamtenkarriere war. Am Ende des Rundgangs findet sich die virtuelle Rekonstruktion des Giza-Plateaus in 3-D. Dem Besucher ist auf diese Weise eine interaktive Reise durch die Pyramiden-und Gräberstadt möglich.

Der Ausstellungskatalog „Giza. Am Fuß der großen Pyramiden“, erschienen im Hirmer Verlag (München) bietet auf 239 Seiten bietet der anschaulich gestaltete Katalog in verschiedenen Essays umfassende Informationen zur Grabungsgeschichte und dem Alten Reich. In einem zweiten Teil finden sich alle Exponate der Ausstellung mit Abbildung und Kurzinformation.

Zur weiteren Beschäftigung mit dem alten Ägypten lädt die gegenüber liegende Dauerausstellung „Das Alte Reich“ ein, die weitere Grabungsschätze aus Giza zeigt.

Wer sich für den Mäzen Wilhelm Pelizaeus interessiert, kann im Hildesheimer Stadtmuseum noch bis zum 11. September die Ausstellung „Wilhelm Pelizaeus – Kaufmann, Sammler, Museumsgründer“ besuchen.

Startseite Bilderwechsler: Reliefplatte (»slab-stela«) des Prinzen Iunu, Kalkstein, bemalt, Giza, Westfriedhof, Grab des Iunu (G 4150), Ostfassade, Altes Reich, 4. Dynastie, um 2590 v.Chr., Hildesheim, PM 2145

Reliefplatten wie diese befanden sich als einzige Grabdeko-ration an der Ostfassade von Gräbern der Cheops-Zeit. Sie zeigen den Grabbesitzer am Speisetisch. Bildnis, Name, Titel (Status), Opfergaben sorgten für ein vollkommenes, körper-liches Leben im Jenseits. Iunu erhielt für seine wichtige Arbeit als „Vorsteher der Arbeitermannschaften von Oberägypten“ den Rang eines „Königssohnes“ und ein Grab auf dem Teil des Westfriedhofs mit den Grabstätten der Elite-Beamten. Die für die Ewigkeit bildmagisch gesicherte Versorgung besteht aus Broten auf dem Tisch, darüber Rindfleisch, Geflügel, Wein und Augenschminke. Vor ihm steht das zweiteilige Hand-waschgeschirr. Die fünf Speicher ganz rechts unten enthalten Vorräte an Getreide und Früchten. © Roemer- und Pelizaeus-Museum, Sh. Shalchi

Quelle: Natalie Reinsch
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