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Ältester Blumenschmuck im Grab

Geschichte|Archäologie

Ältester Blumenschmuck im Grab
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Doppelgrab aus der Rakefet-Höhle, rechts Rekonstruktion des Blumenschmucks und der Lage der beiden Toten (Nadel et al. / PNAS)
Heute ist es üblich, bei einer Beerdigung Kränze und Blumen auf und in das Grab zu legen. Sie sind Symbol für Trauer, Mitgefühl und Trost zugleich. Wann aber unsere Vorfahren mit diesem Brauch begannen, war bisher unklar. Jetzt haben Archäologen in Israel den bisher ältesten prähistorischen Friedhof entdeckt, in dem schon Blumen als Grabbeigaben üblich waren. Die vor rund 13.700 Jahren angelegten Gräber enthalten am Boden und an den Seiten zahlreiche Relikte von blühenden und wohlriechenden Pflanzen. Zum Zeitpunkt der Beerdigung müssen sie ein dichtes Bett gebildet haben, auf die der Leichnam hinabgelassen wurde. Das sei der früheste Beleg für eine solche Vorbereitung und Dekoration von Gräbern, erklärt das internationale Forscherteam.

Im Mittelmeerraum und in der Levante sind bereits zahlreiche Grabstätten aus der Steinzeit entdeckt worden. Die frühesten stammen aus der Zeit vor rund 120.000 Jahren. Meist bestehen sie aus vereinzelten Gruben, die in Höhlen oder an Hängen angelegt wurden. Die Toten wurden in hockender Haltung beerdigt, manchmal gemeinsam mit tierischen Beigaben. „Diese Orte waren aber noch keine Friedhöfe im modernen Sinne“, erklären Dani Nadel von der Universität Haifa und seine Kollegen. Denn typischerweise seien Friedhöfe speziell den Toten geweihte Orte, die Gräber liegen dort dicht beieinander, Begräbnisse finden häufig und über Generationen hinweg statt. Solche frühen echten Stätten der Toten haben Archäologen aber bereits vor einigen Jahren im Karmelgebirge in Israel entdeckt. Die in den dortigen Höhlen gefundenen Gräber aus der Zeit vor 15.000 bis 11.000 Jahren zeugen von verschiedenen Begräbnispraktiken und intensiver Nutzung.

Abdrücke von Blumenschmuck

In einer dieser Höhlen, der Rakefet-Höhle, stießen Nadel und seine Kollegen nun auf das bisher früheste Zeugnis pflanzlicher Grabbeigaben. In der Höhle lagen die bis zu 13.700 Jahre alten Gräber von 29 Toten – Kindern, Frauen und Männern. Die meisten von ihnen waren einzeln begraben, einige lagen aber auch in einem Doppelgrab. Einige dieser Gruben lagen direkt auf dem felsigen Untergrund und waren sogar teilweise ein Stück aus diesem hinausgehauen, wie die Forscher berichten. Auf dem Gesteinsuntergrund fanden sie eine dünne Schicht aus versteinertem Schlamm, in dem sie zahlreiche Abdrücke und Relikte von Pflanzen entdeckten. „Allein am Boden eines der Doppelgräber identifizierten wir mehr als 30 Abdrücke, darunter von 13 Pflanzenstängeln, die bis zu 15 Zentimeter lang waren“, berichten Nadel und seine Kollegen.

Nähere Untersuchungen enthüllten, dass viele der Abdrücke von blühendem Salbei ( Salvia judaica) stammten, andere von verschiedenen Rachenblütlern. „Pflanzen dieser Familien wachsen auch heute noch in dieser Gegend, die meisten haben einen starken, angenehmen Duft und blühen im Frühjahr bunt“, erklären die Forscher. Da die Abdrücke von Blüten zu sehen sind, schließen sie daraus, dass zumindest die Toten im am besten erhaltenen Doppelgrab im Frühjahr begraben wurden – und die Blumen als Grabbeigabe dienten. Blumen seien offenbar auch damals schon ein fester Bestandteil der Begräbnisrituale dieser Menschen gewesen – viel früher als bisher angenommen.

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Gräber wurden aufwändig vorbereitet

Weitere Funde in dem Doppelgrab, in dem ein Jugendlicher zusammen mit einem rund 30 Jahre alten Erwachsenen bestattet worden war, lieferten den Wissenschaftlern einen tieferen Einblick in den Ablauf einer steinzeitlichen Bestattung: Zunächst höhlten die Menschen den Untergrund aus und meißelten den Fels am Kopfende so zurecht, dass er eine senkrechte Platte bildete – ähnlich dem Kopfteil eines Bettes. Danach strichen sie die Innenwände des Grabs mit einer Art Schlamm aus und legten drauf ein Bett aus Schilf und blühenden Pflanzen. „Diese grüne Auskleidung war dick und kontinuierlich, sie bedeckte den gesamten Boden und die Seitenwände des Grabes“, berichten die Forscher. Das sei das älteste Zeugnis einer solchen Auskleidung. Auf dieses Bett wurde der Tote dann hinabgelassen – zusammen mit Steinwerkzeugen und Nahrung als Grabbeigaben.

Die sorgfältige Vorbereitung der Gräber und die Verwendung von Blumen spricht nach Ansicht der Forscher dafür, dass es in dieser Region auch vor Einführung der Landwirtschaft bereits eine sozial und spirituell komplexe Kultur gab. Ihr Umgang mit den Toten ähnele bereits heutigen Bräuchen bei Beerdigungen. Auch die Dichte der Gräber und die anhand von Datierungen erkennbare Nutzung dieser Höhle als Begräbnisort über mehrere Generationen hinweg erinnere an moderne Friedhöfe.

Quelle

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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