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Ältester Runenstein entdeckt

Geschichte|Archäologie

Ältester Runenstein entdeckt
Runenstein
Diese Steinplatte mit nordischen Runenzeichen ist fast 2000 Jahre alt. © Alexis Pantos, Kulturhistorisk Museum/ Universität Oslo

Etwa zur Zeit der Römer entwickelten die nordischen Kulturen ihre erste Schrift: die Runen. Jetzt haben Archäologen im Osten Norwegens das älteste Zeugnis dieser altnordischen Ritzschrift entdeckt. Die in einer Feuerbestattungsgrube aus der Zeit vor 250 gefundene Steinplatte trägt Runen, die älter sind als alle zuvor gefundenen. Unter den Inschriften ist auch ein Wort, das einen Namen repräsentieren könnte. Weitere Zeichen geben allerdings noch Rätsel auf.

Während die Kulturen im Mittelmeerraum schon seit der Bronzezeit Schriften nutzten, entwickelte sich das Schreiben in Mittel- und Nordeuropa sehr spät. Die germanischen und nordischen Kulturen begannen erst zur Zeit der Römer damit, eigene Schriften zu entwickeln – die Runen. Gängiger Theorie nach leiteten sich diese meist in Fels oder andere feste Materialien eingeritzten Zeichen aus den Schriftzeichen der Römer und anderer Kulturen ab, wurden aber stark abgewandelt und umgestellt. Das älteste nordische Runenalphabet umfasst 24 Buchstaben und wird nach seinen ersten sechs Buchstaben „Futhark“ genannt.

Doch wann die Menschen in Skandinavien ihre Runen entwickelt und erstmals nutzten, ist bisher unklar. Denn die meisten Runensteine stammen aus der Wikingerzeit um 1000 nach Christus, aus der Frühzeit der Runenschrift gibt es dagegen nur wenige Funde. Wissenschaftler gehen aber davon aus, dass die nordischen Kulturen ihre Schrift irgendwann zwischen dem Jahr 1 und 250 entwickelten.

Fund in einer Feuerbestattungsgrube

Jetzt gibt ein Runenstein aus Ostnorwegen neue Einblicke in diese Frühzeit der Runenentwicklung. Archäologen des kulturhistorischen Museums in Oslo machten diesen Fund, als sie im Vorfeld eines Autobahnbaus in Ostnorwegen eine Rettungsgrabung durchführten. In dem Gebiet am südlich von Hønefoss gelegenen Tyrifjorden-See wurden schon zuvor zahlreiche archäologische Relikte entdeckt, unter anderem ein Wikingerhelm und mehrere Gräber. Bei den Ausgrabungen im Jahr 2021 stießen die Archäologen auf weitere historische Artefakte in Form mehrerer Feuerbestattungsgruben. In solchen oberirdisch nicht sichtbaren Gräbern wurden während der Bronze- und Eisenzeit die Überreste eines verbrannten Toten zusammen mit Grabbeigaben bestattet.

In einer dieser Feuerbestattungsgruben entdeckten die Forscher eine 31 mal 32 Zentimeter große Steinplatte, in die zahlreiche Runen eingeritzt waren. Datierungen der Knochen und Grabbeigaben ergaben, dass das Grab und der Runenstein aus der Zeit zwischen 25 und 250 nach Christus stammen. Damit ist dieser Runenstein der älteste, der je in Norwegen gefunden wurde. „Einen solchen Runenfund zu machen, ist einzigartig und der Traum jedes Runenforschers“, sagt Kristel Zilmer vom kulturhistorischen Museum. „Es ist ein echtes Highlight, weil sich dieser einzigartige Fund von allen bisher bekannten Runensteinen unterscheidet.“

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Runen
Diese Runen ergeben das Wort „idiberug“ – möglicherweise ein Name. © Alexis Pantos, Kulturhistorisk Museum/ Universität Oslo

Zeugnis aus der Frühzeit der Runenschrift

Der „Svingerudsteinen“ getaufte Runenstein ist zudem das einzige Zeugnis aus der Frühzeit der nordischen Schrift, das in einem archäologischen Kontext entdeckt wurde. Umso wichtiger und aufschlussreicher ist die Entzifferung der auf dieser Platte verewigten Runen. Das ist allerdings nicht einfach, weil die in den Stein eingeritzten Runen eine sehr frühe Form der nordischen Sprache und Schrift repräsentieren, wie Zilmer erläutert. „Der Stein trägt mehrere Inschriften“, berichtet sie. „Einige sind in Zeilen aufgereiht, die ein Raster bilden, es gibt aber auch kleinere im Zickzack angeordnete Figuren und weitere Motive. Nicht alle Inschriften scheinen dabei eine linguistische Bedeutung zu haben.“

Die Forscherin vermutet, dass einige der Ritzungen von Schreibanfängern stammen könnten, von Personen, die noch wenig Erfahrung mit der Runenschrift hatten und herumprobieren mussten. Ein Runenwort sticht allerdings deutlich hervor: Auf der Vorderseite der Steinplatte ist groß und deutlich die Buchstabenfolge „idiberug“ eingeritzt – möglicherweise der Name des oder der in diesem Grab bestatteten Toten. „Dieser Text könnte sich auf eine Frau namens Idibera beziehen. Die Inschrift würde dann ‚Für Idibera‘ lauten“, erklärt Zilmer. Möglich sei aber auch, dass dies vom Namen Idibergu oder Idiberga abgeleitet ist oder vielleicht dem Clannamen Idiberung. Welche Vermutung zutrifft, ist vorerst noch unklar, ebenso wie die Bedeutung vieler anderer Symbole auf dem Stein. Zilmer hofft aber, dass seine Zeichen noch mehr Einblicke in Schrift und Lebenswelt der nordischen Kultur vor fast 2000 Jahren geben werden.

Quelle: Kulturhistorisk Museum Universitetet Oslo

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