Alexander der Große war nicht der Gründer der Stadt Alexandria. An dem Ort am Rande des Mündungsdeltas des Nil lebten bereits vor mehr als 4.500 Jahren Menschen ? mehr als zwei Jahrtausende vor dem großen Eroberer. Das sagen französische Wissenschaftler nach einer Analyse von Schlammproben aus dem historischen Hafen der heute ägyptischen Metropole. Alexander der Große hat der Stadt, die er selbst nie gesehen hat, wohl nur seinen Namen gegeben.
Die Wissenschaftler um Alain Véron von der
Paul-Cézanne-Universität in Aix-en-Provence untersuchten für ihre Analyse Bohrkerne aus dem alten Hafen von Alexandria. Als Anzeiger für menschliche Besiedlung diente dabei der Bleigehalt im Schlamm: Da das Schwermetall beim Fischen, zum Abdichten von Schiffen und in Werkzeugen und Gefäßen eingesetzt wurde, deutet eine hohe Bleikonzentration auf eine Besiedlung hin. Das Alter der jeweiligen Schlammschicht bestimmten die Forscher mit der bekannten Radiokarbonmethode anhand von in das Material eingeschlossenen Muschelschalen.
Bereits von etwa 2700 bis 2200 vor Christus war der Ort besiedelt, ergab die Auswertung der Proben. Eine zweite Blüte muss das heutige Alexandria von 1000 bis 800 vor Christus erlebt haben. Und tatsächlich verzeichneten die Wissenschaftler für die Zeit ab etwa 330 vor unserer Zeitrechnung einen sprunghaften Anstieg des Bleigehalts ? genau zu der Zeit also, als die Stadt auf Alexanders Betreiben hin ihren steilen Aufstieg als kulturelles und machtpolitisches Zentrum des griechischen Herrschaftsgebietes nahm. Die Entdeckung der französischen Forscher deckt sich mit Aussagen in alten Schriften, in denen ebenfalls bereits von Siedlungen in der Gegend der heutigen Metropole die Rede ist.
New Scientist, 22. April, S. 17 ddp/wissenschaft.de ? Ulrich Dewald