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André Kertész – Fotografien

Bier im Mittelalter

André Kertész – Fotografien
Satirische Tänzerin, 1926, Silbergelatine-Abzug, Gedruckt in den 1950er Jahren, ©Bibliothèque nationale de France / RMN

Kertész, der in Ungarn geboren wurde und später in Budapest, Paris und New York lebte, hat mit Aufnahmen wie Schwimmer unter Wasser (1917), Chez Mondrian (1926) oder Gabel (1929) einen festen Platz in der Fotogeschichte des 20. Jahrhunderts eingenommen. Es sind nicht nur seine formal herausragenden Kompositi-onen, die ihm große Wertschätzung einbrachten, sondern auch seine surreal inspirierte Poesie, mit der er scheinbar einfache Dinge und Situationen erfasst. Sein innovatives fotografisches Gespür hat viele seiner Kollegen inspiriert, die zu den bedeutendsten Fotografen des 20. Jahrhunderts zählen: Brassaï hat bei ihm gelernt, Henri Cartier-Bresson und der junge Robert Capa wurden von ihm beeinflusst. Der Martin-Gropius-Bau präsentiert nun, nachdem 2004 Cartier-Bresson, 2005 Capa und 2007 Brassaï mit großem Publikumserfolg gezeigt worden sind, den großen Vorreiter Kertész. Die Ausstellung ´André Kertész – Fotografien´ ist thematisch ausgerichtet und folgt den großen Leitmotiven seines Schaffens, wie der immer wiederkehrenden Beobachtung von Schatten, Dächern und Schornsteinen oder der metaphorischen Darstellung von Gefühlen wie Melancholie. Darüber hinaus rückt sie bisher weniger bekannte Werkgruppen ins Blickfeld: Frühe Aufnahmen, die während seines Militärdienstes im Ersten Weltkrieg entstanden und die Polaroids der letzten Jahre in New York. Besondere Aufmerksamkeit wird Kertészs Einfluss auf die Entstehung der Foto-Reportage in Paris ab 1928 gewidmet. Mehrere Ausgaben von VU, Art et Médecine, Paris Magazine sowie verschiedene Ausgaben seiner Reportage über das Kloster der Trappisten in Soligny-la-Trappe werden in der Ausstellung zu sehen sein.

André Kertész, der am 2. Juli 1894 in Budapest als Andor Kertész in einer bürgerli-chen jüdischen Familie geboren wurde, träumte schon als Kind davon, zu fotografieren. Mit 18 Jahren kaufte er seine erste Kamera, eine ICA Box, die mit 4,5 x 6 cm Platten zu bedienen war. Aus dieser Frühphase stammt das Foto eines schlafenden Jungen. Während seiner Militärzeit bei der österreichisch-ungarischen Armee dokumentierte er in lakonischen Bildern den Alltag des Soldatenlebens, die langen Märsche, das Warten in den Schützengräben, die Verlorenheit des Einzelnen. Im September 1915 verwundet, entstand während seiner Genesung in Esztergom 1917 das berühmte Foto Schwimmer unter Wasser. In ihm scheint er mit dem von Lichtreflexen überzogenen, optisch verzerrten Körper spätere Arbeiten vorwegzunehmen. Die Ästhetik der Reflexion sollte erst ein Jahrzehnt später am Bauhaus populär werden.

Nach dem Krieg fotografierte Kertész, der an der Börse arbeitete, in seiner Freizeit vor allem Alltagsmotive wie seinen Bruder Jenö beim Sport, doch bot Budapest nicht das geeignete Umfeld für seine künstlerischen Ambitionen. 1925 entschloss er sich, nach Paris zu gehen und reiht sich damit in eine große Gruppe ungarischer Künstler und Fotografen ein, die nach dem Zerfall der Österreichisch-Ungarischen Monarchie und der niedergeschlagenen Räterepublik in den zwanziger Jahren Ungarn verließen und – wie László Moholy-Nagy, Robert Capa, Germaine Krull und Brassaï – entweder nach Paris oder nach Berlin auswanderten.

In Paris knüpfte Kertész bald Kontakte zur künstlerischen Avantgarde am Montpar-nasse: zu Piet Mondrian, Fernand Léger, Ossip Zadkine und Alexander Calder. In dieser Zeit nahm er zahlreiche Portraitaufnahmen in der Art der carte postale auf. Als Flaneur durchstreifte Kertész die große Metropole und fotografierte in den Stra-ßen und Parks, auf den Dächern und am Seine-Ufer von Paris. Er verstand Fotografie als visuelles Tagebuch, als Instrument, um das Leben zu beschreiben: „Ich interpretiere meine Empfindung in einem bestimmten Augenblick. Nicht was ich sehe, sondern was ich empfinde.“

Mit seinen Aufnahmen aus der Nah- und Vogelperspektive und seinem Blick für die geometrische Struktur des Raumes, aber auch für Schatten, Reflexionen und Silhouetten fand er bald Anerkennung. 1927 zeigte die Galerie Au Sacre du Printemps eine erste große Werkbilanz und 1929 nahm er an der internationalen Ausstellung „Film und Foto“ in Stuttgart und in Berlin teil. Ab 1928 arbeitete Kertész mit einer Leica, der ersten Kleinbildkamera. In den folgenden Jahren wurden bei VU mehr als 30 Fotoessays von ihm veröffent-licht. 1933 entstand die ungewöhnliche Serie „Distortions“ – hier führen durch Spie-gel verzerrte weibliche Körper ein Eigenleben zwischen Karikatur und Erotik.

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Außerdem erschienen Bücher wie Enfants (1933), Paris vu par André Kertész (1934) und Nos amies les bêtes (1936). Im selben Jahr folgte Kertész einem Angebot der Keystone Agentur und siedelte nach New York über, doch kündigte er den Vertrag bald und wurde freischaffend.

Die Zeit in den USA war zunächst von existentiellen Schwierigkeiten geprägt und 1949 nahm er eine Arbeit (bis 1962) für das Magazin House and Garden an. Auf ei-ner Reise nach Paris 1963 entdeckte er einen Großteil seiner Negative wieder, die ihn zu neuer künstlerischer Arbeit inspirierten und internationale Anerkennung brachten. 1964 stellte er im Museum of Modern Art in New York aus. In seiner letzten Schaffensphase und vor allem, als er seine Wohnung nicht mehr verlassen konnte, fotografierte er vom Fenster seines Apartments aus den Washington Square. In dem Buch From my Window (1981) veröffentlichte er Polaroidaufnahmen von fein komponierten Stillleben – sie zeigen ihn erneut als Meister des Lichts mit den einfachsten Mitteln.

Als André Kertész am 28. September 1985 starb, hinterließ er ein Archiv von 100.000 Negativen.

Katalog: Hatje Cantz Verlag

Quelle: artpress
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