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Aquädukt gibt Aufschluss über Klima zu Zeiten Neros

Geschichte|Archäologie

Aquädukt gibt Aufschluss über Klima zu Zeiten Neros
Elemente der römischen Siphon-Wasserleitung bei Patara. (Cornelis Passchier, JGU)

Ein römisches Aquädukt im Südwesten der Türkei hat Forschern einen ungewöhnlichen Einblick in die Antike beschert. Denn der vor fast 2000 Jahren in den Rohren abgesetzte Kalk hat wertvolle Informationen zum Klima der damaligen Zeit gespeichert. Seine Zusammensetzung verrät unter anderem, dass es während der Regierungszeit des berüchtigten Kaisers Nero einen Klimawechsel in dieser Region gab – und wann ein Erdbeben die Wasserleitung wieder zerstörte.

Kalk als Klimazeuge

Während des Römischen Reiches wurden mehr als 1700 Langstrecken-Wasserleitungen und Tausende von kleineren Aquädukten gebaut, um Trink- und Badewasser für Städte, Privathäuser und Badeeinrichtungen bereitzustellen. Häufig stammte das Wasser von Karstquellen, die das ganze Jahr hindurch sprudelten. Durch das relativ kalkhaltige Wasser bildeten sich jedoch in vielen Leitungen im Laufe der Zeit Kalkablagerungen.

Diese Ablagerungen blieben lange unbeachtet, jetzt jedoch erweisen sie sich als wertvolle Archive der Vergangenheit. Denn die Zusammensetzung der Kalkschichten gibt Aufschluss über Veränderungen der Wassertemperatur, die Verdunstung und Schüttung und erlaubt Rückschlüsse auf umweltbedingte oder menschengemachte Einflüsse. „Die Kalkablagerungen stellen ein weitgehend unberührtes Archiv für das Paläoklima, die Paläoseismologie und Archäologie dar“, erklärt Cornelis Passchier von der Universität Mainz.

Aquädukt zur Küste

Als eines dieser wertvollen Archive hat sich nun das Patara-Aquädukt im Südwesten der Türkei erwiesen. Diese 23 Kilometer lange Wasserleitung versorgte zur Regierungszeit des römischen Kaisers Nero die römische Hafenstadt Patara mit Wasser aus den Bergen. Das Wasser floss darin über ein Gefälle von 612 Metern weitgehend ohne Druckleitungen zur Küste. Nur an einer Stelle mussten die antiken Wasserbaumeister ein 20 Meter tiefes Tal mit einem Siphon-System überwinden.

Die Kalkablagerungen in zwei Keramikleitungen dieses Siphons haben die Mainzer Forscher nun genauer untersucht. Die darin abgesetzten zwei Zentimeter dicken Kalkschichten hatten sich im Laufe von 17 Jahren Betriebszeit gebildet. Anhand der Isotopenverhältnisse von Sauerstoff und Kohlenstoff in den Kalkablagerungen gelang es den Wissenschaftlern, die Luft- und Wassertemperaturen sowie Niederschläge während er Betriebszeit des Aquädukts zu rekonstruieren.

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Klimawechsel und ein Erdbeben

Wie die Forscher berichten, steht damit nun ein Klimaarchiv für die Südwesttürkei während der Herrschaftszeit Neros zwischen 54 und 68 n. Chr. zur Verfügung. Es zeigt, dass auf eine warme und eher feuchte Periode in der zweiten Hälfte von Neros Regierungszeit eine Abkühlung und trockenere Phase folgte. „Das Aquädukt liefert uns Daten über die tatsächlichen klimatischen Bedingungen, die das Schicksal des Römischen Reiches mit bestimmt haben“, sagt Passchier. „Viele Fragen in dieser Hinsicht sind aber noch offen.“

Die Isotopenmuster lieferten den Forscher aber auch Informationen über das Aquädukt selbst: Sie belegen, dass die Wasserleitung im Winter Winter 51/52 n. Chr. in Betrieb genommen wurde – und bestätigen damit die Angaben auf einer antiken Inschrift auf der Stützmauer des Aquädukts. Die Kalkablagerungen verraten aber auch, dass die Leitung bereits im Jahr 68 n. Chr. wieder unterbrochen wurde. Aus der Inschrift geht hervor, dass ein Erdbeben Teile des Aquädukts einstürzen ließ, aber auch, dass und wie die eingestürzte Mauer des Aquädukts auf Befehl von Vespasian wieder aufgebaut werden sollte. „Es ist ungewöhnlich, dass auf antiken Wasserleitungen derart genaue technische Informationen über den Bau und die Reparatur eines Aquädukts zu finden sind“, erklärt Passchiers Kollege Gül Sürmelihindi.

Nach Einschätzung der Wissenschaftler kann das Patara-Aquädukt damit im Licht der imperialen Strategie gesehen werden, die in Reaktion auf wiederkehrende Hungersnöte in Rom ergriffen wurde. Denn das Aquädukt wurde nach der Annexion Lykiens gebaut, als Patara zu einem Handelszentrum im Mittelmeerraum und wichtige Station für die Versorgung Roms mit Getreide aus Ägypten wurde.

Quelle: Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Fachartikel: Scientific Reports, doi: 10.1038/srep28704
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