Nun untersuchten sie Hand, Fuß, Gehirn und Hüfte des südafrikanischen Vormenschen mit modernsten Methoden. ?Wir haben uns auf diese vier Schlüsselregionen der Anatomie konzentriert, weil sie für die menschliche Evolution eine entscheidende Rolle spielen?, erläuterte Berger am Mittwoch auf einer Pressekonferenz. Bei all diesen Körperteilen entdeckten sie die merkwürdige Mischung aus alten und neuen Merkmalen. Das Gehirn ist zwar selbst für Australopithecus-Verhältnisse eher klein, zeigt aber im Stirnbereich bereits eine für den Menschen typische Organisation. Die Hand kann präzise mit zwei Fingern greifen, gleichzeitig ist sie aber kräftig und gut geeignet für das Klettern in den Bäumen. Die Hüfte hat bereits eine typisch menschliche Form, obwohl Australopithecus-Frauen Babys mit kleinem Kopf zur Welt brachten.
Am merkwürdigsten sind allerdings die Füße. Hätten die Forscher die Knochen nicht beieinander gefunden, hätten sie vermutet, dass sie zu zwei unterschiedlichen Arten gehörten. ?Diese Kreatur ging ohne Zweifel aufrecht?, sagte Bernhard Zipfel von der Universität von Witwatersrand. ?Gleichzeitig war der Knöchel sehr mobil, fast wie bei Schimpansen. Diesen Typ Knöchel braucht man, um auf Bäume zu klettern.? Wie der Gang der Vormenschen aussah, können sich die Forscher daher nur schwer vorstellen.
Wie Australopithecus sediba genau in den menschlichen Stammbaum einzuordnen ist, bleibt weiterhin unklar. Allerdings lebte er genau zu dem Zeitpunkt, als sich der Übergang vom Vormenschen zum Menschen vollzog. Eine neue, präzise Datierung der fossilienhaltigen Kalkschichten ergab, dass die Australopithecus-Gruppe etwa 200.000 Jahre älter ist als zuerst angenommen. Sie stürzte vor 1,977 bis 1,98 Millionen Jahren in die Höhle und kommt damit als Vorfahr des Homo erectus in Frage, des ersten unumstrittenen Mitglieds der Gattung Mensch. Die ältesten Homo-erectus-Fossilien sind 1,9 Millionen Jahre alt – 80.000 Jahre jünger als der Vormensch aus Südafrika.