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Betrug in der Forschung

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Betrug in der Forschung
Verliert die Wissenschaft ihre Glaubwürdigkeit? Seit dem Sommer muß sich die Forschung in Deutschland mit ihrem größten Betrugskandal auseinandersetzen. Der Ulmer Krebsforscher Prof. Joachim Herrmann und seine ehemalige Mitarbeiterin Prof. Marion Brach (heute in Lübeck) werden beschuldigt, Publikationen in großem Stil gefälscht zu haben. Marion Brach ist geständig, Herrmann bestreitet die Vorwürfe. Schuld auf sich laden nicht nur Fälscher. Mitschuld trägt nach Auffassung von Prof. Karin Mölling auch der moderne Wissenschaftsbetrieb.

Heute arbeiten ebenso viele Menschen in der Wissenschaft wie in allen hinter uns liegenden Zeiten zusammengenommen. Um sich in dieser Masse noch Gehör zu verschaffen, gilt mehr als je zuvor das geflügelte Wort “publish or perish”. Wer nicht rasch veröffentlicht, hat in der Wissenschaft keine Chance. Das hat Konsequenzen: Einerseits werden oft die gleichen Ergebnisse von verschiedenen Forschern parallel vorgelegt – das Rad wird mehrfach erfunden. Immerhin hat diese Redundanz eine positive Seite.

Sie garantiert die gegenseitige Kontrolle. Manchmal überrascht jedoch die Zeitgleichheit, mit der nahezu identische wissenschaftliche Ergebnisse vorgelegt werden: Die modernen Kommunikationsmittel haben den Informationsfluß unter den Wissenschaftler deutlich beschleunigt. Andererseits tragen sie mit Sicherheit auch dazu bei, daß das eine oder andere Arbeitsergebnis von einem konkurrierenden Forscherteam leichter ausspioniert werden kann als das früher der Fall war.

Der Konkurrenzdruck begünstigt überdies auch oberflächliches Arbeiten: Unausgereifte Daten werden schnell publiziert, um ja der erste zu sein. Die Flut der auf Veröffentlichung wartenden Manuskripte verursacht aber noch ein anderes Problem: Gerade gute und an prominenter Stelle arbeitende Wissenschafter – wie die Gutacher der anerkannten Journale – können für eine Arbeit immer weniger Zeit aufwenden.

Angesehene Hochschullehrer kommen inzwischen nicht mehr umhin, mehrere Arbeiten pro Woche durchzusehen und das dazugehörige Gutachten zu verfassen. Angesichts des Engagements für die eigene Forschung und der tagtäglichen Arbeitsbelastung im Universitätsbetrieb bleibt dafür meist nur noch der Feierabend, den die meisten Forscher in des Wortes eigentlichem Sinn ohnehin nicht kennen.

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Zwei bis drei Stunden Zeit sind für eine Begutachtung mindestens aufzubringen, und drei Gutachten pro Woche sind keine Seltenheit. Was Wunder, wenn diese Belastung dazu führt, daß kleinere Fehler oder Schludereien immer häufiger übersehen werden. Dabei wird durch das Gutachten die wissenschaftliche Arbeit eines ganzen Forscherjahres gewürdigt: Soviel Zeit wird durchschnittlich für eine Publikation gebraucht. Die Verantwortung ist also enorm. Verdient wird mit dieser gutachterlichen Tätigkeit nichts. Sie gehört schlicht zum Ethos der Wissenschaftler – schließlich braucht man auch für die eigenen Arbeiten Gutachter.

Eine Regelung, die in den Vereinigten Staaten nach den dortigen Fälschungsaffären gefordert wird, sollte auch hier durchgesetzt werden: die Verantwortung aller Autoren für die gesamte Arbeit. Verantwortung nur für den eigenen Beitrag zu einer Publikation zu übernehmen – der manchmal nur aus dem Zuliefern von biologischem Material besteht -, reicht nicht.

Für Fehler einer Arbeit gehört jeder Mitautor an den Pranger gestellt. Das wäre ein guter Reinigungsprozeß und eine hervorragende Selbstkontrolle der Wissenschaftler.

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Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

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