Die Gegner der ES-Forschung sprachen sich in ihren Redebeiträgen gegen eine stufenweise Einschränkung der Menschenwürde aus. Die Verschmelzung von Eizelle und Spermium sei der „natürliche“ Beginn des menschlichen Lebens, weshalb dem Menschen ab diesem Zeitpunkt der ungeteilte Schutz der Verfassung gebühre. Die Gewinnung von Stammzellen sei demgegenüber eine „Verdinglichung“ oder berge zumindest die Gefahr einer Verdinglichung des Lebens.
Einig waren sich jedoch die Abgeordneten darin, die Forschung an adulten Stammzellen in Deutschland stärker zu fördern. Deutschland solle in diesem Gebiet international eine Führungsposition einnehmen. Adulte Stammzellen können aus dem Körper des Patienten gewonnen werden und sind daher für eine Therapie ethisch unbedenklich. Für diese Form der Stammzellen gibt es zudem schon klinische Anwendungen, die derzeit in Deutschland erprobt würden. Bei ES dagegen befinde man sich immer noch im Stadium der Grundlagenforschung. Die Befürworter des Imports von ES wiesen jedoch darauf hin, dass embryonale Stammzellen über einige Vorteile verfügten, die genauer erforscht werden müssten, etwa eine bessere Vermehrungsfähigkeit.
Die Abstimmung war eine politische Willensbildung des Parlaments, dem nun eine konkrete Gesetzgebung folgen soll. Für die Abstimmung wurde im Bundestag der Fraktionszwang aufgehoben. In fast jeder Partei gibt es eine starke Gruppe von Gegnern des ES Forschung. Daher ist noch nicht abzusehen, wie liberal oder restriktiv die konkreten Gesetze schließlich aussehen werden. Zahlreiche Abgeordnete sahen in der gestrigen Abstimmung jedoch einen Dammbruch: Die einmal geöffnete Tür zu Forschungen an embryonalen Stammzellen werde man nun nicht mehr schließen können.