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Bunten Stoffmustern auf der Spur

Geschichte|Archäologie

Bunten Stoffmustern auf der Spur
Durch das Verfahren konnten die Forscher die Verteilung der Farbstoffe - hier grün gefärbt – bis auf die Ebene einzelner Fäden rekonstruieren. (Bild: Annemarie Kramell)

Leuchtende Farbenpracht und elegante Muster – schon vor Jahrtausenden waren in vielen Kulturen der Welt bunt gestaltete Textilien üblich. Funde von Resten der Stoffe lassen die einstige Pracht allerdings meist nur noch erahnen. Nun präsentieren Forscher ein neues Verfahren, mit dem sich Art und Verteilung alter Textilfarbstoffe rekonstruieren lassen. Am Beispiel Jahrhunderte alter Stoffreste aus China und Peru zeigen sie das Potenzial ihrer Methode.

Anmutige Formen, Farben und Dekorationen – bis hin zur komplexen Kunst: Funde, die bis in die Tiefen der Menschheitsgeschichte reichen, dokumentieren die Bedeutung der Ästhetik für den Menschen. Auch die Gestaltung der Kleidung war schon früh vom Schönheitsempfinden geprägt. Sie sollte nicht nur funktionell sein, sondern auch attraktiv und beeindruckend – Kleider machen bekanntlich Leute. Die Frage, wie die Textilien historischer Kulturen einst ausgesehen haben, weckt deshalb fast instinktiv unser Interesse. Sie anhand von Funden zu beantworten, ist allerdings oft nicht ganz so einfach. Denn dass die Stoffe einmal von bunten Mustern geprägt waren, sieht man ihnen heute häufig nicht mehr an.

Was einst bunt war, ist nur noch grau

Den verblichenen Stoffresten Informationen ihres einstigen Aussehens zu entlocken, hat sich das Team um René Csuk und Annemarie Kramell von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg zum Ziel gesetzt. „Alte Stoffe haben einen langen Leidensweg hinter sich: Was einmal bunt war, kommt jetzt zumeist schmutzig, grau und braun daher“, sagt Csuk. Wie er erklärt, haben sich die Farbstoffe im Laufe der Zeit oft durch die Einwirkung von Licht, Luft und Wasser zersetzt, da die damals zum Färben eingesetzten Naturstoffe diesen Einflüssen gegenüber recht empfindlich waren.

„Wurzeln von Pflanzen der Gattung Rubia waren zum Beispiel die Grundlage für rote Farben, mit zermahlenen Walnussschalen wurden braune Farben hergestellt“, sagt Co-Autorin Annemarie Kramell. Für die Farbe Blau wurden hingegen in vielen Kulturen der Welt Indigo-Farbstoffe eingesetzt, die aus lokalen Pflanzenarten gewonnen wurden. Um unterschiedliche Farbtöne zu kreieren, mischten die Menschen die Materialien oder sie kombinierten verschiedenfarbige Fäden. So konnten sie schließlich auch Textilien mit bunten Mustern herstellen.

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Dünnschnitte statt zerstörerischer Lösungen

Um Einblicke in die einstigen Verfahren zu ermöglichen, haben die Forscher nun ein neues Analyseverfahren entwickelt. Es ist ihnen gelungen, Farbstoffzusammensetzungen bei historischen Textilproben als Verteilungsbilder darzustellen. Bisher war es für Analysen nötig, die Farbstoffe aus den Textilien herauszulösen. Dadurch wurde aber auch das Muster zerstört. Bei ihrem neuen Verfahren setzten die Forscher hingegen die moderne bildgebende Massenspektrometrie ein. Sie kann die Farbstoffe direkt von der Oberfläche der Textilproben erfassen. „Das Stück wird dazu in eine Matrix eingebettet, die aus dem Material Technovit7100 besteht. Aus diesem Stoff werden wenige Mikrometer dünne Schnitte erzeugt, die auf spezielle Objektträger überführt werden“, erklärt Csuk. So kann die Probe dann bis ins Detail untersucht werden. Ähnliche Verfahren werden auch in der medizinischen Forschung für die Untersuchung von menschlichem Geweben eingesetzt.

Dass ihr Konzept hält, was es verspricht, haben die Wissenschaftler durch die Untersuchung zweier alter Textilproben gezeigt: Eine stammt aus der chinesischen Ruinenstadt Niya und war vermutlich Teil eines über 2000 Jahre alten Hemdes. Die andere Probe hat ihren Ursprung im Peru um die Zeit von 1100 bis 1400 n. Chr. Sie gehört zur Ichma-Kultur, die in dieser Zeit in Peru ansässig war. Durch ihre Untersuchungen konnten die Wissenschaftler verdeutlichen, dass beide heute verblichenen Stoffe einst Muster aus Indigo-Farbstoffen zeigten. Das Besondere ist dabei, dass die Proben bis in den Mikrometerbereich untersucht werden konnten. „Dadurch können wir sogar zwei ineinander verwobene Fäden voneinander unterscheiden, die ursprünglich andere Farben hatten“, erklärt Csuk.

Wie die Forscher betonen, ist die Methode auf viele unterschiedliche Farbstoffklassen anwendbar. Man kann nun also gespannt sein, welche interessanten Einblicke das Verfahren in die Textilherstellung längst vergangener Kulturen gewähren wird.

Quelle: Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Scientific Reports, doi: 10.1038/s41598-019-38706-4

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