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Chiffrierte Briefe Maria Stuarts entdeckt

Geheimschriften

Chiffrierte Briefe Maria Stuarts entdeckt
Maria Stuart nach einem Porträt von François Clouet. clu/iStock

Eine berühmte Verfasserin zeichnet sich ab: „Codeknacker“ haben 50 verschlüsselt geschriebene Briefe aus einem französischen Archiv als bisher unbekannte Korrespondenz der Königin Maria Stuart identifiziert. Die nun entschlüsselten Texte werfen Licht auf die Zeit, als sich die schottische Königin bis zu ihrer Hinrichtung in Gefangenschaft befand, berichtet das Team.

Ihre spannende und tragische Geschichte hat Maria Stuart (1542 bis 1587) zu einer der prominentesten Figuren der britischen Geschichte gemacht. Ihr Leben war von Machtkämpfen, Intrigen und vor allem von dem Konflikt mit einer weiteren berühmten Herrscherin geprägt: Elisabeth I. Denn durch ihre Abstammung besaß Maria ebenfalls einen möglichen Anspruch auf den englischen Thron. Außerdem unterstützen die Gegner des Protestantismus in Großbritannien die Katholikin und so wurde sie zu einer erheblichen Bedrohung für Elisabeth. Als sich Maria in ihrem Machtbereich aufhielt, setzte die englische Monarchin ihre Rivalin dann allerdings fest. So verbrachte Maria 18 Jahre in „privilegierter“ Gefangenschaft auf verschiedenen Schlössern. Doch auch von dort aus mischte sie noch kräftig mit: Sie stand über teils kodierte und heimlich versandte Post in Verbindung mit der Außenwelt. Dies kostete sie allerdings buchstäblich den Kopf: Auf der Grundlage ihrer abgefangenen und dechiffrierten Korrespondenz wurde Maria bezichtigt, an einem geplanten Attentat auf die englische Königin beteiligt gewesen zu sein. Daraufhin wurde sie am 8. Februar 1587 hingerichtet.

Überraschungsfund in einem Archiv

Von der umfangreichen Korrespondenz Maria Stuarts zeugen viele erhaltene Briefe, die in verschiedenen Sammlungen aufbewahrt werden. Es gab allerdings bereits Hinweise darauf, dass einige verloren gegangen sind – oder möglicherweise wegen ihrer Chiffrierung unentdeckt in Archiven schlummern könnten. Wie sich nun zeigt, war genau dies der Fall. Die Entdeckung ist dabei dem Projekt “DECRYPT“ zu verdanken. Darin widmen sich verschiedene Experten der Aufgabe, bisher mysteriöse Texte aus Sammlungen zu entschlüsseln und somit ihre Geheimnisse aufzudecken. Im Visier des Kryptoanalytikers George Lasry und seiner Kollegen standen nun ein mysteriöses Set aus komplett chiffrierten Texten aus der französichen Nationalbibliothek. Laut Katalog stammten sie aus dem 16. Jahrhundert. Sie waren durch ein System kodiert, bei dem bestimmte grafische Symbole für Buchstaben, Silben oder ganze Wörter stehen.

Durch moderne computergestützte Techniken gelang es den Experten Stück für Stück, die Texte zu entschlüsseln. Ihre Detektivarbeit enthüllte dabei zunächst Begriffe in der weiblichen Form, mehrere Erwähnungen von „Gefangenschaft“ sowie des Namens “Walsingham” – des „Spionage-Chefs“ von Queen Elizabeth I. Dies deutete auf einen Zusammenhang mit Maria Stuart hin, der sich schließlich immer mehr erhärtete. “Als ich die Buchstaben entzifferte, war ich ganz aufgeregt”, so Lasry. “Wir haben schon früher geheime Codes von Königen und Königinnen geknackt. Aber dies war eine besonders aufregende Entdeckung.” Es zeichnete sich schließlich ab, dass das Team 50 chiffrierte Briefe der berühmten Königin entdeckt hat, die bisher unbekannt waren.

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Neue Einblicke in die Zeit der Gefangenschaft

Filmreife Enthüllungen liefern die Briefe zwar nicht, aber Historikern können sie interessante Hinweise liefern. Die Texte geben dabei Einblick in die Zeit von Marias Gefangenschaft in den Jahren 1578 bis 1584. Die meisten Briefe waren an Michel de Castelnau de Mauvissière gerichtet, den französischen Botschafter in England – einen Unterstützer Marias. Der vertrauliche Kommunikationskanal zwischen Maria und Castelnau war zwar bereits grundsätzlich bekannt. Aber aus den neuen Dokumenten geht nun hervor, dass dieser Austausch bereits im Mai 1578 bestand und bis mindestens Mitte 1584 andauerte.

Und worüber schrieb Maria? Zu den Schlüsselthemen gehören Beschwerden über ihren schlechten Gesundheitszustand und ihr Leiden unter der Gefangenschaft. Zudem schreibt sie über die Verhandlungen mit Königin Elizabeth I. über ihre Freilassung. Sie bringt auch ihr Misstrauen gegenüber Sir Francis Walsingham deutlich zum Ausdruck sowie ihre feindselige Haltung gegenüber Robert Dudley, Earl of Leicester – einem Vertrauten von Elizabeth. Sie drückt außerdem ihre Verzweiflung aus, als ihr Sohn James im August 1582 entführt wurde und auch ihr Gefühl, von Frankreich verlassen worden zu sein.

„Bisher liefern wir nur eine erste Interpretation und Zusammenfassungen der Briefe. Eine tiefere Analyse durch Historiker könnte zu einem besseren Verständnis von Marias Jahren in Gefangenschaft führen”, sagt Lasry. “Es wäre auch großartig, mit Historikern zusammenzuarbeiten, um ein bearbeitetes Buch ihrer entzifferten, kommentierten und übersetzten Briefe zu erstellen”, so der Forscher. Lasry und seinen Co-Autoren zufolge scheint es außerdem denkbar, dass noch andere verschlüsselte Briefe von Maria Stuart in Archiven schlummern und auf ihre Entdeckung warten. „Es ist zu hoffen, dass die Studie jetzt zu weiteren Forschungen führen wird”, so Lasry.

Quelle: Taylor & Francis Group, Fachartikel: Cryptologia, doi: 10.1080/01611194.2022.2160677

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