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Der Preis des Erfolgs

Geschichte|Archäologie Gesellschaft|Psychologie

Der Preis des Erfolgs
Wer aus schwierigen Verhältnissen stammt und dennoch erfolgreich Schule, Beruf und Privatleben meistert, der “hat es geschafft”. Solche Menschen gelten oft als besonders zielstrebig, stabil und als fähig, auch mit schwierigen Bedingungen fertig zu werden. Sie werden daher oft auch als Vorbilder angesehen und als Beweis, dass sich Armut und eine schwierige Kindheit überwinden lassen. Dieses Überwinden aber fordert einen Preis, wie US-Forscher jetzt bei einer Langzeitstudie an fast 500 afroamerikanischen Jugendlichen festgestellt haben. Denn trotz ihres sozialen Aufstiegs und einem äußerlich nicht von anderen unterscheidbaren Verhalten zeigte ihr Körper deutlich höhere Spuren von Stress und Belastung.

Dass negative Erfahrungen in der Kindheit ihre Spuren in Körper und Geist hinterlassen ist nicht neu. Bisher allerdings konzentrierte sich das Augenmerk der Forscher bei solchen Studien oft auf Kinder und Jugendliche, die schon in der Schulzeit deutliche Auffälligkeiten in Verhalten und Leistungen zeigen. Es gibt aber auch Kinder, die zwar unter den gleichen schwierigen Bedingungen – Armut und familiären Problemen – aufwachsen, aber dennoch ihre schlechten Startbedingungen nahezu folgenlos zu überwinden scheinen. “Sie schneiden in der Schule gut ab, sind bei ihren Freunden beliebt, besitzen ein gutes Selbstwertgefühl und haben keine der sonst typischen Verhaltensauffälligkeiten”, erklärt Erstautor Gene Brody von der University of Georgia. Diese Kinder gelten daher als besonders widerstandsfähig und scheinen Strategien zu besitzen, um ihre häuslichen Nachteile auszugleichen.

Wie weit diese Widerstandsfähigkeit tatsächlich reicht und ob in armen Verhältnissen aufgewachsene Kinder auch körperlich keine weiteren Folgen davontragen, das haben die US-Forscher nun genauer untersucht. Für ihre Studie verfolgten sie den Werdegang von 489 afroamerikanischen Jugendlichen im Süden der USA. Ein großer Teil dieser Kinder stammte aus armen Familien. Im Alter von 11 bis 13 Jahren wurden alle Schüler einmal jährlich psychologisch getestet und ihre schulischen und sozialen Fähigkeiten von ihren Lehrern bewertet. Als die Jugendlichen 19 Jahre alt waren, entnahmen die Forscher ihnen Blutproben und unterzogen sie zudem einer gründlichen körperlichen Untersuchung. Ziel war es dabei, die sogenannte allostatische Last zu ermitteln – die gesundheitliche Belastung, die durch erhöhte Werte des Stresshormons Cortisol, einen hohen Blutdruck und ein zu hohes oder zu niedriges Körpergewicht entsteht.

Messbarer Preis des Erfolgs

Das Ergebnis: Die Jugendlichen, die ihre schwierige sozioökonomische Lage gut meisterten und ihre Schulzeit mit großem Erfolg und scheinbar unbeschadet bewältigten, zeigten dennoch deutliche körperliche Spuren dieser Anstrengung. In ihrem Blut fanden die Forscher unter anderem signifikant erhöhte Cortisolwerte und einen erhöhten Blutdruck – ein klares Zeichen für eine Stressbelastung des Körpers. Langanhaltender Stress aber mache die Kinder und Jugendlichen später anfälliger für Krankheiten wie Diabetes, Krebs, Herzkreislauferkrankungen. “Das zeigt, dass die scheinbare Widerstandsfähigkeit solcher Kinder nicht sehr weit unter die Oberfläche reicht”, erklären die Forscher. Der soziale, akademische und emotionale Erfolg habe für sie einen physiologischen Preis.

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Nach Ansicht der Forscher könnten die von ihnen entdeckten Effekte auch erklären, warum manche Menschen trotz scheinbar gleicher Lebensumstände eher an Volkskrankheiten wie Diabetes, Schlaganfall oder Herzinfarkt erkranken als andere. Auch wenn es ihnen und ihrer gesellschaftlichen Position äußerlich nicht mehr anzumerken ist, war ihr Körper vor allem während der Kindheit und Jugend stärkeren physiologischen Belastungen ausgesetzt – und die könnten noch Jahrzehnte später Folgen nach sich ziehen. “Auch bei Kindern, die äußerlich gut klarkommen und scheinbar alle Probleme gut meistern ist es daher wichtig, die physiologische Stressbelastung regelmäßig zu prüfen”, sagt Brody. Er und seine Kollegen wollen nun untersuchen, ob sich die körperlichen Folgen durch gezielte Maßnahmen und Präventionsprogramme lindern lassen.

Gene Brody (University of Georgia, Athens) et al., Psychological Science, doi: 10.1177/0956797612471954 © wissenschaft.de – ===Nadja Podbregar
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