Deutsche wechseln weit weniger häufig ihren Beruf oder Arbeitsplatz als derzeit propagiert wird. Von einem Ende der Erwerbsarbeit oder chaotischen Lebensläufen könne keine Rede sein, berichtet das Gelsenkirchener Institut Arbeit und Technik (IAT) nach der Auswertung von Arbeitsmarktdaten der vergangenen 25 Jahre.
Eine Zunahme der Turbulenz auf dem westdeutschen Arbeitsmarkt kann in der empirischen Analyse nicht bestätigt werden, bestätigt IAT-Arbeitsmarktforscher Marcel Erlinghagen. Die Wissenschaftler hatten auf Basis von Arbeitsmarktdaten des Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) die Dauer von Arbeitsverhältnissen in den Jahren 1976 bis 1980 und 1986 bis 1990 miteinander verglichen. Es zeigte sich, dass zwar jeder zweite neu abgeschlossene Arbeitsvertrag nach spätestens einen Jahr endete. Dieser Trend bestehe aber bereits seit Ende der 70er Jahre, so das IAT. Auch die Mobilität der Arbeitnehmer hat zwischen 1976 und 1995 nicht zugenommen, wie das Verhältnis von begonnenen und beendeten Arbeitsverhältnissen pro Jahr zu den Gesamtbeschäftigten ergab. Entgegen einem weitverbreiteten Gefühl der Unsicherheit habe sich auch das Risiko, arbeitslos zu werden, nicht wesentlich erhöht, stellten die Forscher fest. Arbeitslosigkeit sei nicht zum Normalfall innerhalb des Lebenslaufs geworden, aber am Ende des Arbeitslebens immer häufiger anzutreffen. Durch die „stillschweigend akzeptierte Altersarbeitslosigkeit“ sei die Wahrnehmung der Arbeitslosigkeit in der Gesellschaft aber gravierend verzerrt.
Als Urheber der falschen These, es gäbe immer weniger normale Arbeitsverhältnisse und immer mehr instabile Jobs, sieht das IAT auch „meinungsproduzierende“ Wirtschaftsgruppen wie Kirchen, Parteien, Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände und Medien. Bei ihnen nehmen langfristige Beschäftigungsverhältnisse tatsächlich ab oder waren noch nie die Regel.
Almut Bruschke-Reimer
Teilen: