Lange bevor Wissenschaftler die Rätsel der Welt studierten, versuchten sich unsere Vorfahren darin. Mythen halfen ihnen, die Entstehung der Erde, die Existenz des Göttlichen, von Wachstum, Leben und Tod zu begreifen. Bis heute liegen solche Vorstellungen vielen Ritualen zugrunde. Das Feiern von Halloween etwa geht auf das keltische Samhain-Fest zurück. Die Kelten glaubten, dass in der Nacht des 31. Oktober der Vorhang zur Welt der Geister zur Seite gezogen wurde. Die Totengeister spielten den Menschen Streiche und zerstörten die Ernte. Um sie zu beschwichtigen, wurden Feuer entzündet und Opfer dargebracht. Auch Literatur und Kunst greifen bis heute auf mythische Themen zurück.
Jetzt hat Kenneth Davis, Bestsellerautor populärwissenschaftlicher Bücher, sich die Mythen der Hochkul- turen vorgenommen: griechisch-römische, keltische, mesopotamische, afrikanische, asiatische und amerikanische. Er meistert dabei die Gratwanderung zwischen kurzweiliger Unter- haltung und seriöser Information. Man lernt viel und hat Einiges zu lachen.
Aber Davis erzählt nicht nur Geschichten, er verfolgt auch, wie sie in religiöse Erzählungen verwandelt wurden – oder sogar den Lauf der Geschichte beeinflussten, indem sie dazu benutzt wurden, Gefühle zu manipulieren und Herrschaft zu sichern. Das taten die Nationalsozialisten mit den germanisch-keltischen Mythen. Und es geschieht auch heute überall dort, wo Mythen als Munition in religiösen Konflikten dienen. Wer dieses Buch gelesen hat, versteht, wie gefährlich gut das funktioniert. Eva Tenzer
Kenneth C. Davis WO HAT PROMETHEUS DAS FEUER VERSTECKT? Ehrenwirt, Bergisch Gladbach 2006 700 S., € 19,95 ISBN 3–431–03687–2