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Einblick ins Ende eines Polarforschers

Fleck mit trauriger Geschichte

Einblick ins Ende eines Polarforschers
Forscher haben diesen etwa drei Millimeter großen Klecks im Tagebuch von Jørgen Brønlund analysiert. (Bild: Kaare Lund Rasmussen/SDU)

Tragödie in der Kälte Grönlands: Die Analyse eines mysteriösen Flecks im Tagebuch des Grönlandforschers Jørgen Brønlund liefert Einblicke in das traurige Schicksal dieses Teilnehmers der Danmark-Expedition. Der Fleck unter der letzten Eintragung im November 1907 entstand demnach bei dem Versuch, einen Brenner anzuzünden, lassen die enthaltenen Substanzen vermuten. Offenbar glückte Brønlund dies nicht und so erlag er wie seine beiden Kollegen zuvor der Kälte im Norden Grönlands. Vier Monate später wurde er samt seinem Tagebuch tot geborgen.

Das letzte unbekannte Stück der grönländischen Nordostküste sollte erforscht werden: Dies war das Ziel der sogenannten Danmark-Expedition, zu der das sechsköpfige Team unter der Leitung von Mylius Erichsen im Jahr 1906 mit dem Schiff „Danmark“ aufgebrochen war. DIe Polarforscher wollten unter anderem bestätigen, dass das 50.000 Quadratkilometer große Pearyland keine Insel, sondern eine Halbinsel Grönlands ist und damit zum dänischen Territorium gehört. Um die dortige Küstenlinie zu kartografieren, teilte sich das Team in zwei Dreiergruppen auf, die sich mit Hundeschlitten auf den Weg durch die eisige Landschaft machten. Dieses Abenteuer endete für das Schlittenteam 1 tödlich: Ludvig Mylius-Erichsen, Niels Peter Høeg-Hagen und Jørgen Brønlund konnten das Basislager nicht wieder erreichen.

Ein Tagebuch zu Füßen einer Leiche

Eine Suchexpedition fand 1908 nur die Leiche von Brønlund samt seinem Tagebuch in einer kleinen Höhle. Er war offenbar an Erfrierungen und Entkräftung gestorben. Aus seinen letzten Aufzeichnungen ging auch der vorhergehende Tod der beiden anderen Gruppenmitglieder hervor. In der letzten Notiz schreibt Brønlund: „Sie starben nach dem Versuch, das Inlandeis zu überqueren, im Monat November. Ich komme hierher bei abnehmendem Mondschein, konnte nicht weiter wegen Erfrierungen an den Füßen, und wegen der Dunkelheit“.

Das Tagebuch wird seit dem Fund in der Königlichen Bibliothek in Kopenhagen aufbewahrt. Nun hat ein Forscherteam der Universität von Süddänemark in Odense dem Dokument erneut Aufmerksamkeit gewidmet: Statt dem Text stand allerdings ein seltsamer schwarzer Fleck einer offenbar zähen Substanz im Fokus der Wissenschaftler. Er befindet sich auf der letzten Seite des Tagebuchs unter Brønlunds finalem Eintrag und seiner Unterschrift. Um herauszufinden, um was es sich bei der Substanz gehandelt hat, haben die Wissenschaftler Proben des Flecks modernen Verfahren der Materialanalyse unterzogen.

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Spur eines verzweifelten Versuchs

Wie sie berichten, besteht der Fleck aus verbranntem Gummi, verschiedenen Ölen, Petroleum und Verunreinigungen durch Fäkalien. Den Wissenschaftlern zufolge gibt es für diese Zusammensetzung eine plausible Erklärung: Es handelt sich um ein Substanzgemisch, das offenbar bei dem Versuch entstand, einen Petroleumbrenner in Betrieb zu nehmen. Dieses Gerät wurde 1973 vor Ort ebenfalls entdeckt. Wie die Wissenschaftler erklären, verfügte Brønlund neben diesem Brenner auch über Streichhölzer und Petroleum. Doch ihm fehlte offenbar eine weitere entscheidende Komponente: Er hatte keinen Brennspiritus, um den Brenner vorzuheizen.

Deshalb versuchte er offenbar, das Gerät mit anderen Mitteln in Gang zu bringen. Die Forscher nehmen an, dass er es mit den verfügbaren Ölen versuchte. Daher stammten wohl die Spuren von pflanzlichen und tierischen Fetten in dem Fleck, sagen die Wissenschaftler. Die Spuren von verbranntem Gummi stammten ihnen zufolge wahrscheinlich von einer Dichtung des Petroleumbrenners. Das Material könnte bei dem wohl vergeblichen Versuch entstanden sein, das Feuer in Gang zu halten, so die Erklärung.

Wie der Erstautor der Studie Kaare Lund Rasmussen abschließend verdeutlicht, ergibt sich aus den Befunden ein Eindruck der letzten Stunden des glücklosen Polarforschers: „Ich sehe Brønlund vor mir, wie er geschwächt und mit schmutzigen, zitternden Händen versucht, den Brenner anzuzünden – und dabei scheitert“, so der Wissenschaftler.

Quelle: Universität von Süddänemark, Fachartikel: Archaometry, doi: 10.1111/arcm.12641

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