Das „Mémorial“ von Verdun ist nach zweijährigem Um- und Ausbau neu eröffnet worden. Leben und Leiden des einfachen Soldaten stehen im Mittelpunkt der Ausstellung. Die komplett umgestalte Gedenkstätte soll mit moderner Museumskonzeption und audiovisueller Technik die „Hölle von Verdun“ begreifbar machen.
Neukonzeption betont gemeinsame Erinnerungskultur
Die vormals rein französisch geprägte Ausstellung nimmt die Schlacht jetzt auch aus deutscher Perspektive in den Blick, um so ihr Selbstverständnis als gemeinsamer deutsch-französischer Gedenk- und Erinnerungsort zu betonen.
Als die Kämpfe um Verdun endeten, waren 300000 Menschen tot, 450000 verwundet, und die Umgebung glich einer Mondlandschaft. Verdun gilt im deutschen kollektiven Gedächtnis deshalb als Sinnbild für das ebenso grausame wie sinnlose Verheizen von hunderttausenden Soldaten im Ersten Weltkrieg.
Das französische Verdun-Bild hingegen ist mehrschichtiger. Zwar steht die Schlacht von Verdun (Februar 1916 – Dezember 1916) auch in Frankreich für unsägliches Leid und die Schrecken des Krieges, gleichzeitig gilt Verdun aber auch als Symbol für Durchhaltewillen und erfolgreichen Widerstand. Das „Ils ne passeront pas!“ – „Sie werden nicht durchkommen!“, die berühmte Parole des französischen Befehlshabers Philippe Pétain, kann man bis heute als Inschrift auf der Anhöhe „Toter Mann“ lesen.
Im Geist dieses nationalen Mythos‘ – Verdun als Symbol der in gemeinsamer Gefahr geeinten Nation – wurde das Mémorial 1967 auf Betreiben französischer Veteranen gegründet. Allerdings hat sich die Form des Gedenkens seitdem verändert: Spätestens seit der berühmten Szene im Jahr 1984, als der französische Präsident François Mitterrand bei der Gedenkfeier an die Schlacht dem deutschen Bundeskanzler Helmut Kohl die Hand reichte, steht das Verdun-Gedenken unter dem Zeichen gemeinsamer Erinnerungskultur und Versöhnung. Mit dieser Entwicklung einhergehend rückte auch das Schicksal des einzelnen Soldaten mehr und mehr in den Blickpunkt.
Der Umbau des Mémorials trägt diesem Wandel in der Erinnerungskultur Rechnung und berücksichtigt gleichzeitig die Tatsache, dass das Gedenken an die Schlacht mittlerweile ohne Zeitzeugen auskommen muss.
Schicksal des einfachen Soldaten steht im Mittelpunkt
Der Besucher der neueröffneten Ausstellung soll die Schlacht vor allem aus der Perspektive ihrer Hauptakteure, der französischen und der deutschen Soldaten, nachvollziehen. Deshalb verwendet das Museum einiges an Anstrengung, um eine realistisch-bedrückende Atmosphäre zu erzeugen. Im Erdgeschoss der in drei Ebenen geteilten Ausstellung dreht sich alles um das Leben und das Sterben der Soldaten. Es wird mit Licht gespart, es dominiert die Farbe schlammbraun. Darüber hinaus spielen Videosequenzen und sogenannte Klangtunnel (bauliche Veränderungen, die Audioeffekte verstärken) eine große Rolle, um dem Besucher einen realistischen Eindruck von der Schlachtsituation zu vermitteln und ihn so emotional zu packen. Außerdem sind auch eine Vielzahl an französischen und deutschen Sammlerstücken zu sehen, zum Beispiel Briefe und Fotos, aber auch Skurriles wie ein Skatspiel mit dem Kreuzkönig Wilhelm II.
Auf den beiden anderen Ausstellungsebenen des Mémorials wird die Akteursperspektive verlassen. Dort geht es stattdessen um Frontverläufe und Logistik sowie um das Leben der Zivilbevölkerung während der Kämpfe. Eine Terrasse ermöglicht zudem einen Blick auf die umliegende Landschaft, der man die Auswirkungen der Schlacht bis heute ansehen kann.