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Einzigartiges Steinzeit-Schmuckstück entdeckt

Geschichte|Archäologie

Einzigartiges Steinzeit-Schmuckstück entdeckt
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Der 11.000 Jahre alte Schieferanhänger von vorne und hinten (Foto: Milner et al. / Internet Archeaology/ CC-by-sa 3.0)
Aus geologischer Sicht sind die Britischen Inseln ziemlich jung: nur rund 7500 Jahre alt. Denn zu jener Zeit legte sich die Nordsee endgültig über das Doggerland, das einst das europäische Festland mit Großbritannien verknüpfte. Zuvor, während der Mittelsteinzeit, konnte man noch trockenen Fußes über den heutigen Ärmelkanal wandern. Auch Großbritannien selbst sah da noch anders aus. Dort, wo heute die nordenglische Grafschaft Yorkshire und das ausgedehnte Pickering-Tal liegen, erstreckte sich vor 11.000 Jahren ein großer Schmelzwassersee. An seinen Ufern lebten Jäger und Sammler, wie Archäologen um Nicky Milner von der University of York feststellten. Am Fundort Star Carr legen sie seit 2004 die Hinterlassenschaften einer mesolithischen Wildbeutergemeinschaft frei. Dabei stießen sie 2015 in den Seesedimenten auch auf ein kleines, fast dreieckiges Schiefertäfelchen – für die Forscher eine Sensation.

Zwar sah das drei Zentimeter große und drei Millimeter dünne Stück auf den ersten Blick aus wie ein natürlich entstandenes Schieferfragment. Dennoch sammelten es die Forscher für spätere Analysen ein. Erst als Nicky Milner und ihr Team das Täfelchen mithilfe spezieller Mikroskope näher untersuchten, erkannten sie darauf eingeritzte Linien und Muster. Die, so vermutet die Archäologin, könnten einen Baum, eine Karte oder sogar einfache Zählmarken darstellen. Überdies ist der Schiefer an einer Ecke durchbohrt – das Stück könnte also einst als Anhänger um den Hals getragen worden sein.

„Solch ein seltenes Objekt zu finden, ist absolut einzigartig. Es ähnelt nichts von dem, was wir bislang in Großbritannien gefunden haben“, erklärt die Archäologin. Auch sonst ist aus Europa kein steinerner Schmuckanhänger dieser Zeitstellung bekannt. Zwar fanden sich in den Seeablagerungen im Pickering-Tal auch durchbohrte Tierzähne, ein Anhänger aus Bernstein und eine Muschelperle, aber keine weiteren verzierten Schmuckstücke.

Das Amulett eines Schamanen

„Wir können nur vermuten, wer diesen Anhänger besaß, wie er getragen wurde und was die Ritzlinien für seine Träger bedeuteten“, sagt Milner. Um mehr über das Stück sagen zu können, suchte die Forscherin nach Vergleichen und wurde in Dänemark fündig. Von dort sind mit Ritzlinien dekorierte Bernstein-Anhänger bekannt. Die skandinavischen Kollegen deuten diese als Amulette, die zum Schutz vor allerlei Gefahren getragen wurden.

„Eine Möglichkeit wäre daher, dass unser Anhänger auch einem Schamanen gehörte“, sagt Milner. Dafür spricht auch, dass bei früheren Ausgrabungen in der Nähe Geweihteile von Rothirschen entdeckt wurden. Diese interpretieren die Wissenschaftler als Kopfschmuck von Schamanen. Zudem legt die Ähnlichkeit mit skandinavischen Stücken nahe, dass Jäger und Sammler dies- und jenseits des Doggerlands miteinander in Verbindung gestanden haben.

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Von den Britischen Inseln sind bislang nur wenige Beispiele mittelsteinzeitlicher Ritzkunst bekannt. 2012 entdeckte der Archäologe George Nash von der University of Bristol in einer walisischen Höhle auf der Gower-Halbinsel das Ritzbild eines Rentiers. Analysen der Mineralablagerungen auf der Darstellung ergaben, dass sie über 12.000 Jahre alt sein muss. Die Ritzzeichnung stellt damit die älteste bekannte Felskunst in Großbritannien dar. 

Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar/Karin Schlott
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