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Exotische Soldaten im Kampf für Griechen

Antike

Exotische Soldaten im Kampf für Griechen
Ein in den Überresten der Stadt Himera entdecktes Massengrab. © C: Stefano Vassallo, Soprintendenza Archeologica di Palermo

Einige kamen sogar aus Nordosteuropa oder dem Kaukasus: Vor rund 2500 Jahren setzten Griechen in einer Schlacht gegen die Karthager auf Sizilien erstaunlich weitgereiste Söldner ein, geht aus genetischen Analysen von Gefallen hervor. Diese Studienergebnisse beleuchten die weitreichenden Verbindungen in der Antike und den offenbar erheblichen Einfluss der Kriegsführung für die Kontaktaufnahmen zwischen fernen Kulturen, sagen die Wissenschaftler.

Das erste Jahrtausend v. Chr. war ein Zeitalter der Expansion: Im Mittelmeerraum erblühten Handel und Kultur und antike Großmächte breiteten sich aus. Besonders galt das für die Griechen sowie für die ursprünglich aus der Levante stammenden Phönizier: Beide Völker gründeten zahlreiche Küstenhandelsposten und Kolonien im westlichen Mittelmeergebiet. Viele der griechischen Siedlungen entwickelten sich dort zu bedeutenden Stadtstaaten und im Fall der Phönizier entstand eine neue Hauptstadt: Karthago. Es erscheint kaum verwunderlich, dass die beiden Mächte schließlich begannen, um die wirtschaftliche und territoriale Vorherrschaft im Mittelmeerraum zu ringen. Im 5. Jahrhundert v. Chr. führte dies zu militärischen Auseinandersetzungen um die strategisch wichtige Insel Sizilien.

Zwei Schlachten im Visier

Antike Historiker berichten dabei von zwei bedeutenden Schlachten um die griechische Stadt Himera an der Nordküste der Insel. Mit militärischer Unterstützung der beiden weiteren griechischen Städte Syrakus und Agrigento konnten die Streitkräfte Himeras demnach ein Invasionsheer der Karthager im Jahr 480 v. Chr. vernichtend schlagen. Diese schmachvolle Niederlage hielt die Angreifer anschließend für Jahrzehnte von Sizilien fern und die griechischen Kolonien konnten erblühen. Doch im Jahre 409 v. Chr. folgte dann die brutale Rache: Bei einem erneuten Angriff der Karthager gab es keine Unterstützung griechischer Verbündeter und so konnte sich Himera nicht lange verteidigen. Die Stadt wurde schließlich völlig zerstört und nicht mehr wieder aufgebaut.

Bereits seit einiger Zeit führen Archäologen Ausgrabungen in den Überresten Himeras durch. Dabei stießen sie auf mehrere Massengräber mit Skeletten junger Männer mit Kampfverletzungen, die als gefallene Soldaten der Schlachten des 5. Jahrhunderts interpretiert wurden. Bestimmte Massengräber mit auffallend geordneten Strukturen gelten dabei als die Ruhestätten der Gefallenen der siegreichen Schlacht von 480 v. Chr.. Ein größeres Massengrab mit dicht gedrängten Toten wird hingegen den Opfern der Schlacht von 409 v. Chr. zugeschrieben, die vor der Niederlage der Stadt hastig begraben worden waren. In der aktuellen Studie hat das Team um Laurie Reitsema von der University of Georgia in Athens aus den Gebeinen einiger der Toten aus den Massengräbern DNA gewonnen und analysiert. Die genetischen Signaturen konnten sie dann mit denen von anderen antiken Bewohnern Himeras sowie ganz Siziliens vergleichen und auch mit genetischen Daten weiterer Bevölkerungsgruppen in Europa.

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Erstaunlich weit gereiste Söldner

Wie das Team berichtet, besaßen die Bewohner von Himera schon vergleichsweise vielfältige Wurzeln: Währende die übrigen Sizilianer dieser Zeit größtenteils von der lokalen Bevölkerung aus der Bronzezeit abstammten, besaßen die Einwohner Himeras sizilianische, ägäische sowie Vorfahren weiterer Regionen. Doch die genetische Vielfalt der Soldaten übertraf die der Zivilbevölkerung bei weitem, stellten die Forscher fest. „Wir waren erstaunt, unter den Soldaten der Schlacht von 480 v. Chr. viele Individuen zu finden, die von weit außerhalb des Mittelmeerraums abstammten, etwa aus dem Kaukasus, Nordosteuropa und der eurasischen Steppe, einer Region, die in der Antike als Skythien bekannt war“, sagt Co-Autor David Reich von der Harvard University.
Den Forschern zufolge gibt es historische Hinweise darauf, dass diese Vielfalt wahrscheinlich auf Söldner in den Hilfstruppen aus Syrakus zurückzuführen war. Im Gegensatz zu den Befunden bei den Gefallenen von 480 v. Chr. deuteten die Ergebnisse bei den Toten des Massengrabs der verlorenen Schlacht von 409 v. Chr. auf keine fremde Herkunft der Gefallenen hin. Dies bestätigt, dass es sich wohl allein um Verteidiger aus Himera gehandelt hat.

Wie das Team weiter berichten, ergab sich im Fall der gewonnen Schlacht ein besonders klares Bild durch die Kombination der genetischen Daten mit früheren Ergebnissen von Isotopenanalysen: Viele der Soldaten von 480 v. Chr. besaßen demnach Isotopensignaturen, die auf eine langjährige Ernährung außerhalb Siziliens verwiesen, was darauf hindeutet, dass sie erst als Erwachsene dorthin gereist sind. „Als wir nun die Isotopenergebnisse mit den genetischen Ergebnissen verglichen, fanden wir eine frappierende Korrelation: Alle Soldaten mit genetischem Ursprung außerhalb des Mittelmeers waren auch eindeutig isotopisch ortsfremd. Mit den genetischen Daten wissen wir jetzt, wo sie wahrscheinlich geboren wurden“, sagt Reitsema.

Abschließend erklärt Reich zur Bedeutung der Studienergebnisse: „Sie verdeutlichen, dass die griechische Kolonialisierung in der klassischen Antike nicht nur zur Ausbreitung der ägäischen Völker im gesamten Mittelmeerraum führte, sondern auch einen breiteren Kosmopolitismus ermöglichte“. Co-Autor Ron Pinhasi von der Universität Wien führt dazu weiter aus: „Diese Fallstudie beleuchtet Kriegsführung als Mechanismus für kulturellen Kontakt und positioniert Soldaten, insbesondere Söldner, als Überbringer von Ideen, Technologien, Sprachen und Genen über große Entfernungen.“

Quelle: Universität Wien, Fachartikel: Proceedings of the National Academy of Science, doi: 10.1073/pnas.2205272119

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