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„Faustina“ kehrt in ihre Heimat zurück

Geschichte|Archäologie

„Faustina“ kehrt in ihre Heimat zurück
Faustina
Der "Faustina" getaufte antike Frauenkopf. (Bild: Universalmuseum Joanneum/ B. Schliber-Knechtl)

1967 wurde in der österreichischen Steiermark der kunstvoll gefertigte Marmorkopf einer Frau gefunden. Doch woher dieser „Faustina“ getaufte Portraitkopf kam, war zunächst unklar. Erst Jahre später wurde klar, dass diese Plastik aus der antiken Basilika von Apollonia im heutigen Libyen stammt. Jetzt kehrt der wahrscheinlich im Zweiten Weltkrieg entwendete Frauenkopf in seine Heimat zurück.

Es ist kein Einzelfall: Im Zweiten Weltkrieg haben die deutschen Truppen und auch die SS in vielen besetzten Ländern systematisch Kunstwerke geraubt und nach Deutschland gebracht. Unter diesen gestohlenen Kunstschätzen sind neben wertvollen Gemälden auch archäologische Funde und Kunstwerke aus der Antike. Bei vielen dieser verschleppten Kunstwerke ist es bis heute schwierig, ihre ursprüngliche Herkunft und die Umstände ihrer Entwendung zu rekonstruieren.

Woher kommt der Portraitkopf?

„Es ist immer wieder erstaunlich, wie lange es braucht, um im Zweiten Weltkrieg erlittenes Unrecht aufzuarbeiten“, erklärt Wolfgang Muchitsch, wissenschaftlicher Direktor des Universalmuseums Joanneum. „Dazu braucht es den analytischen Blick einer jüngeren Generation an Wissenschaftler, die die eigene Sammlung und deren Provenienz kritisch hinterfragen.“ Einen solchen Fall stellt auch die „Faustina“ dar. Dieser aus weißem Marmor gefertigten Portraitkopf einer Frau wurde 1967 in Unterpremstätten südlich von Graz gefunden. Der Frauenkopf wurde vom Landesmuseum Joanneum in Graz erworben und vom damaligen Landesarchäologe Walter Modrijan sowie von Gutachtern des Kunsthistorischen Museums Wien näher untersucht.

Schon damals legten die exzellente Bildhauerarbeit und die hohe Qualität des Materials nahe, dass es sich bei diesem Kunstwerk nicht um ein einheimisches Erzeugnis handeln konnte. 1973 gelang es dem deutschen Archäologen Klaus Fittschen, diesen „Faustina“ getauften Frauenkopf zuzuordnen. Er hatte durch Vergleiche herausgefunden, dass diese Plastik ursprünglich aus der östlichen Basilika des antiken Orts Apollonia im heutigen Libyen stammen musste. Denn in historischen Dokumenten fanden sich Berichte über ein solches Portrait, das zwischen 175 und 190 n. Chr. in Apollonia gefertigt worden war. Die Portraitbüste galt jedoch als im Zweiten Weltkrieg verschollen. Unter welchen Umständen dies geschah und ob es sich bei dem Kopf tatsächlich um die „Faustina“ aus dem Joanneum handelte, blieb aber unklar.

Rückgabe an Libyen

Deshalb ist die Archäologin Barbara Porod, gemeinsam mit der Verantwortlichen für Restitution und Provenienzforschung am Joanneum, Karin Leitner-Ruhe, der Spur des Frauenkopfes gefolgt und hat in jahrelanger Recherche ihre Geschichte aufgearbeitet. Demnach hat sich das antike Kunstwerk tatsächlich bis zum Zweiten Weltkrieg nachweislich im Museum von Apollonia in Libyen befunden. Allerdings liegen keine eindeutigen Belege dafür vor, dass der Porträtkopf von den nationalsozialistischen Besatzern Libyens zwischen 1941 und 1943 außer Landes und nach Österreich gebracht worden ist.

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Auf Basis dieser Erkenntnisse und einer rechtlichen Prüfung hat die Kommission zur Rückgabe und Verwertung von Kunstgegenständen und Kulturgütern den Beschluss gefasst, dass es sich bei diesem antiken Frauenkopf zwar nicht um einen Restitutionsfall im Sinne des entsprechenden Landesverfassungsgesetzes handelt. Dennoch empfiehlt die Kommission die Schenkung und Rückgabe der „Faustina“ an den Staat Libyen. Am 4. März 2021 wurde der antike Frauenkopf daher in Wien dem libyschen Botschafter Jalal Alashi als Geschenk des Landes Steiermark an Libyen übergeben.

„Es ist mir ganz besonders wichtig, dass in unseren Museen eine aktive Auseinandersetzung mit dem Thema der Restitutionen stattfindet“, sagt Christopher Drexler, Landesrat für Kultur, Europa, Sport und Personal in der Steiermark. „Auch wenn es sich beim antiken Frauenkopf ‚Faustina‘ um keinen erwiesenen Restitutionsfall handelt, sind die genauen Umstände nach wie vor ungeklärt, wie das Kunstwerk seinen Weg in die Steiermark gefunden hat. Wir wollen daher Verantwortung übernehmen und dafür Sorge tragen, dass die in der Zeit des Zweiten Weltkrieges aller Wahrscheinlichkeit nach geraubte Faustina an ihren nachgewiesenen Ursprungsort zurückkehrt und der Bevölkerung sowie der Forschung in Libyen zugänglich gemacht wird.“

Quelle: Universalmuseum Joanneum

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