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Forscher empfehlen: Vitaminpräparate sollten nicht wahllos, sondern mit Bedacht genommen werden

Geschichte|Archäologie

Forscher empfehlen: Vitaminpräparate sollten nicht wahllos, sondern mit Bedacht genommen werden
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Es gibt sie als Pillen, Pulver, Brause- und Lutschtabletten. Sie sind bunt und peppig und verheißen lange Vitalität, Schönheit und Gesundheit. Die Rede ist von Vitaminpräparaten. Berühmt ist die Geschichte des Chemie-Nobelpreisträgers Linus Pauling, der Vitamin C gleich Grammweise schluckte, obwohl schon seinerzeit bekannt war, dass der Körper nur einen Bruchteil davon braucht. Doch ausgerechnet Pauling blieb fit bis ins hohe Alter. Er steht seither als Beweis dafür, dass man von Vitaminen nie genug bekommen kann. Doch mit diesem Klischee räumen Forscher nun gründlich auf.

„Eine Überdosierung macht für Gesunde keinen Sinn“, betont Klaus Pietrzik, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Vitaminforschung. Mehrere Vitamine können sogar Schaden anrichten, wenn sie in hohen Dosen genommen werden. Zu viel Vitamin C verursacht Nierensteine und Durchfall, zu viel Vitamin A Haarausfall und zu viel Vitamin D schädigt die Knochen, um nur einige Kehrseiten zu nennen.

Traurige Berühmtheit erlangte jüngst auch beta-Carotin, das Rauchern in der zwanzigfachen Tagesdosis verabreicht wurde. In diesen hohen Konzentrationen fördert es – zum Erstaunen der Wissenschaftler und zum Leid der Probanden – Lungenkrebs. Fast 400 der 18.000 Raucher erkrankten während der Studie neu an Lungenkrebs. „In hohen Dosen wandelt sich die Wirkung der Vitamine, sie entfalten dann Nebenwirkungen wie jedes andere Medikament auch“, warnt Pietrzik.

Dennoch empfehlen er und andere Ernährungswissenschaftler bestimmten Menschen Vitaminpräparate. „Würde jeder gesund essen – mit fünf Portionen Obst und Gemüse am Tag, wäre dies nicht nötig. Aber viele Studien zeigen, dass wir uns im Schnitt zu ungesund ernähren „, klagt Pietrzik. Unterversorgungen zeigen sich beispielsweise bei alten Menschen. Insbesondere beim Vitamin B12 konnte Pietrziks Team bei mehr als einem Drittel der Bewohner eines Seniorenheimes einen Mangel feststellen. Generell können ältere Menschen das Vitamin nicht mehr so gut aus der Nahrung aufnehmen. „Sie sollten daher zusätzlich einen Teil des täglichen Bedarfs an Vitamin B12 in künstlicher Form einnehmen“, folgert der Forscher. Auch Vegetariern wird das Vitamin empfohlen, da es fast nur in tierischen Produkten vorkommt.

Beim Vitamin Folsäure gibt es sogar landesweit eine Unterversorgung der Bevölkerung. So erreicht nur jede vierte Frau ihr tägliches Soll von 400 Mikrogramm pro Tag. Diese Menge ist nötig, um einer schweren Behinderung des Babys, dem Neuralrohrdefekt vorzubeugen. „Vor und während der Schwangerschaft sollten Frauen daher Folsäure schlucken“, erläutert Hans-Georg Joost, Direktor der Deutschen Instituts für Ernährungsforschung in Potsdam. Pietrzik geht sogar noch weiter: „Da Folsäure auch vor Herz-Kreislauferkrankungen schützt und die Werte bundesweit durchschnittlich unter der geforderten Tagesmenge liegen, können alle Menschen gleichermaßen ihre Nahrung mit Folsäure ergänzen.“

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Für wenig sinnvoll halten beide Wissenschaftler dagegen den wahllosen Griff ins Regal der Vitamintabletten. „Anstatt auf das richtige Vitamin zu achten, kaufen viele Menschen Präparate ungeachtet dem Inhalt, dafür aber nach Mengenangaben“, kritisiert Pietrzik. Beispielweise käme ein Mangel an Vitamin H und Vitamin B5 hierzulande nicht vor. Grundlos und unsinnig sei es daher, diese künstlich einzunehmen.

Anders liegt die Sache bei Vitamin D. In der Nahrung findet es sich vor allem in tierischen Fetten und wird darüber hinaus in der Haut mithilfe des Sonnenlichts gebildet. Bei Kleinkindern reicht diese Eigenproduktion nicht aus. Vor allem dann nicht, wenn sie kaum im Freien spielen: „Früher gab es für diese Hinterhofkinder Lebertran. Heute empfehlen wir allen Kindern Vitamin D. Das schützt vor einer Rachitis“, sagt Joost.

Wer welches Vitamin nehmen kann oder sogar soll, ist von Fall zu Fall verschieden, ob Schwangere oder Kleinkind. Im Dschungel der Pillen gibt es für den Laien selten einheitlichen Rat. „Besonders verwirrt ist der Verbraucher dann, wenn die Kompetenz, wie so oft, bei den Inkompetenten liegt“, prangert Pietrzik an. Der Einfachheit halber spricht er sich daher für eine Zwangsverabreichung bestimmter Vitamine wie der Folsäure aus. In den USA geschieht dies seit 1998 über folsäurehaltiges Mehl. Seither sei die schwere Behinderung des offenen Rückens bei den Neugeborenen um 20 Prozent zurückgegangen.

Susanne Donner
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