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Frühe Stärke-Köche

Geschichte|Archäologie

Frühe Stärke-Köche
Die Klasies-River-Höhlen in Südafrika: Hier entdeckten die Forscher den bisher ältesten Beleg für die Zubereitung und den Verzehr von Stärke durch den Menschen. (Bild: Wits University)

Sie steckt in Kartoffeln, Reis, Weizen und Co: Stärke. Pflanzen mit diesem Polysaccharid stellen heute die Grundnahrungsmittel vieler Menschen dar. Unsere Steinzeit-Vorfahren nahmen im Gegensatz dazu kaum solche kohlenhydratreichen Speisen zu sich – oder doch? Ein archäologischer Fund deutet nun darauf hin, dass anatomisch moderne Menschen bereits vor 120.000 Jahren gezielt stärkehaltige Pflanzenteile zubereiteten. Stärke scheint demnach nicht erst mit der Erfindung der Landwirtschaft ein wichtiger Teil der menschlichen Ernährung geworden zu sein, so das Fazit der Forscher.

Pflanzliche Kohlenhydrate machen heute einen Großteil unserer Nahrung aus. Vor allem stärkehaltige Lebensmittel wie Getreide- und Kartoffelprodukte dienen dabei als wichtige Energielieferanten. Diese Ernährungsweise spiegelt sich sogar in unserem Genom wider. So finden sich im Erbgut moderner Menschen Besonderheiten, die mit der Anpassung an eine stärkereiche Ernährung verknüpft sind. Sie betreffen unter anderem Gengruppen, die die Bauanleitung für sogenannte Amylasen enthalten – Enzyme, die Polysaccharide wie Stärke spalten und abbauen können. Doch wann erwarben unsere Vorfahren diese besonderen genetischen Merkmale?

Speiseplan mit Wurzeln und Knollen

Einer gängigen Theorie nach begann der Homo sapiens im Zuge der neolithischen Revolution vor rund 10.000 Jahren vermehrt Stärke zu sich zu nehmen. Es gibt jedoch auch Hinweise darauf, dass anatomisch moderne Menschen bereits sehr viel früher bestimmte Genanpassungen an eine stärkereiche Ernährung entwickelten. „Archäologische Belege für einen frühen Stärkekonsum fehlten bislang allerdings“, erklären Cynthia Larbey von der University of Cambridge und ihre Kollegen. Das hat sich nun geändert: Die Wissenschaftler haben in Südafrika den ältesten Beweis dafür entdeckt, dass unsere Vorfahren schon lange vor der Erfindung der Landwirtschaft gezielt stärkehaltige Nahrungsmittel zubereiteten und verzehrten.

Fündig wurde das Forscherteam in den Klasies-River-Höhlen in der Kapregion. An diesen Fundstätten finden sich zahlreiche hominine Fossilien, darunter auch die womöglich ältesten Überreste anatomisch moderner Menschen in Südafrika. Larbey und ihre Kollegen untersuchten für ihre Studie Ablagerungen urzeitlicher Kochstellen in dem Höhlenkomplex. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass diese Feuerstellen genutzt wurden, um stärkereiche Pflanzenteile zu kochen“, berichtet Larbey. So identifizierten die Wissenschaftler in den 65.000 bis 120.000 Jahre alten Schichten verkohlte Reste von pflanzlichem Parenchymgewebe. Dieses stärkehaltige Gewebe legt ihnen zufolge nahe, dass die Menschen damals Wurzeln und Knollen über dem Feuer garten – Pflanzenteile, die viel Stärke enthalten.

Ausgewogene Ernährung

„Damit zeichnet sich ab, dass sich die frühen Menschen in dieser Region erstaunlich ausgewogen ernährten und die Ressourcen in ihrer Umgebung optimal zu nutzen wussten“, konstatiert Co-Autorin Sarah Wurz von der University of Witwatersrand in Johannesburg. Neben stärkehaltigen Pflanzenteilen standen bei unseren südafrikanischen Vorfahren damals wahrscheinlich protein- und fettreiche Nahrungsmittel wie Meeresfrüchte, Fisch und Wildfleisch auf dem Speiseplan, wie die Forscherin erklärt. Eine derart vielfältige Ernährungsweise spreche für eine hohe „ökologische Intelligenz“ schon vor 120.000 Jahren. „Die stärkereiche Ernährungsweise ist offensichtlich nichts, was sich erst mit den Anfängen der Landwirtschaft entwickelt hat. Stattdessen scheint sie fast so alt zu sein wie die Menschen selbst“, schließt Larbey.

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Quelle: Cynthia Larbey (University of Cambridge) et al., Journal of Human Evolution, doi: 10.1016/j.jhevol.2019.03.015

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