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Geheimnisvolle Bronzezeit-Stadt aufgetaucht

Alter Orient

Geheimnisvolle Bronzezeit-Stadt aufgetaucht
Luftaufnahme der 3400 Jahre alten Ruinen der Mitanni-Stadt. © Universitäten Freiburg und Tübingen/ KAO

Spannende Funde im Zuge einer Dürre: Archäologen berichten über die Überreste einer bronzezeitlichen Stadt, die aus dem Wasser des Mosul-Stausees im Nordirak aufgetaucht ist. Neben einer bereits 2018 entdeckten Palastanlage haben sie nun auch ausgedehnte Siedlungsstrukturen, monumentale Warenspeicher und Befestigungsanlagen freigelegt. Außerdem stießen sie auf über 100 Keilschrifttafeln. Aus den Funden geht hervor, dass die Stadt vor etwa 3400 Jahren ein wichtiges Zentrum des geheimnisvollen Mittani-Reichs bildete.

So schlimm Dürren auch sind – für Archäologen können sie manchmal hilfreich sein: Im Zuge von Bewässerungsmaßnahmen haben Niedrigstände des Mosul-Stausees bereits 2018 erste Teile einer archäologischen Stätte beim Ort Kemune in der Region Kurdistan freigegeben. Sie war zuvor nach dem Bau einer Talsperre im Fluss Tigris versunken, bevor sie genauer untersucht werden konnte. Das Niedrigwasser von 2018 ermöglichte es dann allerdings einem Team aus deutschen und kurdischen Archäologen, die Überreste eines bronzezeitlichen Palastes freizulegen. Er thronte einst auf einer Anhöhe über dem Tigristal und war prächtig ausgestattet. Die Befunde legten bereits nahe, dass es sich um einen Bau aus der Zeit des Mitanni-Großreichs handeln könnte, das von etwa 1550 bis 1350 v. Chr. weite Teile Nordmesopotamiens und des heutigen Syriens beherrschte.

Zum Palast gehörte eine Stadt

Untersuchungen im Umfeld des Palastes deuteten außerdem darauf hin, dass dort noch die Überreste einer Stadt im Wasser schlummern. Dies hat sich nun durch einen weiteren Rückgang des Wasserspiegels bestätigt – weitere Siedlungsspuren tauchten auf. So entschloss sich das Archäologenteam zu einer Notgrabung im Januar und Februar 2022. Es galt dabei, die Stadtanlage schnellstmöglich freizulegen und zu dokumentieren, bevor sie wieder im Wasser versank. Wie sich zeigte, hat sich die Hauruck-Aktion gelohnt: Die Wissenschaftler konnten den Plan der Stadt weitgehend rekonstruieren und eindrucksvolle Gebäudereste freilegen.

Sie stießen dabei auf eine massive Befestigungsanlage mit Mauern und Türmen, ein monumentales, mehrstöckiges Magazingebäude sowie einen Wirtschafts-Komplex. Die Überreste der Strukturen sind dabei teils mehrere Meter hoch erhalten geblieben. Es bestätigte sich zudem die Zuordnung der Anlage: „Die Ausgrabungsergebnisse zeigen, dass der Ort ein wichtiges Zentrum im Mittani-Reich war“, sagt Hasan Ahmed Qasim von der Kurdistan Archaeology Organization. Ivana Puljiz von der Universität Freiburg sagt dazu: „Von besonderer Bedeutung ist dabei das riesige Magazingebäude, weil darin enorme Mengen an Gütern gelagert worden sein müssen, die wahrscheinlich aus der gesamten Region herbeigeschafft wurden“. Den Wissenschaftlern zufolge gibt es Hinweise darauf, dass es sich bei dem Ort um die alte Stadt Zachiku gehandelt hat, die in einer altorientalischen Quelle der mittleren Bronzezeit erwähnt wird.

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Keramikgefäße mit über 100 Keilschriften

Blick in eines der Keramikgefäße mit Keilschrifttafeln – darunter eine, die noch in ihrer ursprünglichen Tonhülle steckt. © Universitäten Freiburg und Tübingen, KAO

Neben den Gebäudestrukturen stießen die Forscher auch auf einen weiteren spektakulären Fund: Fünf Keramikgefäße, in denen ein Archiv aus über 100 Keilschrifttafeln untergebracht war. Einige stecken sogar noch in ihren Hüllen aus Ton. Wie die bisherigen Untersuchungen zeigen, stammen sie allerdings nicht aus der Mittani-Zeit, sondern aus der Ära, als die Region unter die Kontrolle des assyrischen Reichs gelangt war. Von dieser Entdeckung erhoffen sich die Forscher nun Einblicke in den Übergang der Herrschaftsverhältnisse. Wie sie betonen, ist das Mittani-Reich das am wenigsten erforschte altorientalische Machtgebilde, obwohl es eine erhebliche Bedeutung besaß. So geht etwa aus altägyptischen Schriften hervor, dass die mittanischen Könige auf Augenhöhe mit den Pharaonen und den Großkönigen von Hatti und Babylonien interagierten.

Wie das Team abschließend hervorhebt, ist besonders bemerkenswert, wie erstaunlich gut die Überreste der Stadt erhalten geblieben sind, obwohl es sich um Bauten aus ungebrannten Lehmziegeln handelt, die über 40 Jahre lang unter Wasser lagen. Die Forscher führen dies auf eine schützende Bedeckung aus Trümmern zurück: Es zeichnet sich ab, dass die Stadt gegen 1350 v. Chr. bei einem Erdbeben zerstört wurde und die einstürzenden oberen Teile der Mauern die Gebäude unter sich begruben. Um nun erneut für Schutz vor den wieder ansteigenden Wassermassen zu sorgen, wurden die ausgegrabenen Gebäudereste vollständig mit enganliegender Plastikfolie umkleidet und mit Kiesschüttungen bedeckt. Dies glückte offenbar gerade noch rechtzeitig, denn inzwischen ist der Fundort wieder vom Wasser des Stausees überflutet.

Quelle: Universität Freiburg, Universität Tübingen

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