Herausragende Exponate der spätantiken Textilproduktion am Nil sind derzeit im Papyrusmuseum der Österreichischen Nationalbibliothek Wien zu sehen. Sowohl die aufwendig verzierten Stoffe selbst, als auch koptische und griechische Papyri zeugen von ihrer Exklusivität.
Die Kleidung diente ihrem Träger vor allem zur Selbstdarstellung, so entstammen ihre Muster einer großen Palette mythischer und alltäglicher, naturalistischer und abstrakter Motive. Inspiration konnten die Designer aus verschiedenen kulturellen Räumen der Spätantike schöpfen, die im Land am Nil aufeinandertrafen. Traditionalisten bedienten sich in der klassischen Mythologie, Forschere trugen biblische und frühe islamische Inhalte zur Schau. Das Ringen des Menschen mit seiner Umwelt spiegelt sich in Jagdszenen und Darstellungen ausgelassener Tänzen.
Die leuchtenden Dekorationen waren auf einfarbige Stoffe aufgebracht. Schafwolle und Flachs waren für den Großteil der Bevölkerung die bevorzugten Materialien, aus ihnen wurden Gewänder, Umhänge und Kopfbedeckungen hergestellt. Seide, die aus Asien importiert werden musste, war für die meisten unerschwinglich. Der prominente Stifter, der dem Patriarchen von Alexandria im 7. Jahrhundert nach Christus einen seidenen Mantel schenkte, brachte nicht nur dem frommen Glauben, sondern auch seinen unermesslichen Reichtum zum Ausdruck.
Neben den Stoffen präsentiert das Museum brandneue Entdeckungen aus seinem Papyrusmagazin. Ein Fragment trägt den Bericht eines Steuereintreibers, der Schuldner, die ihre Abgaben in Form von Wollstoffen nicht aufbringen konnten, verprügelte.
Kleidung diente durch ihre aufwendige Herstellung wie kaum ein anderes Mittel, zum Ausdruck der sozialen Rolle ihres Trägers im spätantiken Ägypten. Arm und reih, mächtig und ohmmächtig – jeder konnte oder musste sich durch sein Gewand zu erkennen geben.
Die Exponate wurden erst unmittelbar vor der Ausstellung im Rahmen des Forschungsprojekts „Papyrusmuseum – Museum der Kulturen in Ägypten“ restauriert und sind nun erstmalig zu sehen.