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Im Reich der Tempelretter

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Im Reich der Tempelretter
An den meisterhaften Tempelanlagen von Angkor nagt der Zahn der Zeit. Damit das Prachtwerk der Khmer-Kultur nicht für immer verloren geht, lassen Heidelberger Mathematiker die Heiligtümer virtuell wiederauferstehen.

Die meisten heimischen Computer sind mit 500 Megabyte Arbeitsspeicher heute so gut ausgestattet, dass aufwendige PC-Spiele wie World of Warcraft ohne lästige Verzögerungen darauf laufen. Noch viel leistungsfähiger ist das Werkzeug der Mathematiker am Interdisziplinären Zentrum für wissenschaftliches Rechnen (IWR) der Universität Heidelberg: Für ihre Arbeit steht ihnen mit 8 Gigabyte das 16-Fache an Arbeitsspeicher zur Verfügung.

Da erstaunt es, dass ausgerechnet ein paar Tempel mitten im kambodschanischen Dschungel die Heidelberger ins Schwitzen brachten. Der Computer geriet rasch an seine Grenzen, als Hans Georg Bock, Professor für wissenschaftlches Rechnen, zusammen mit seinem deutschen Team und kambodschanischen Kollegen begann, Computermodelle der Tempelanlage von Angkor zu erstellen – eines einzigartigen Relikts der Khmer-Kultur aus dem 9. bis 13. Jahrhundert.

Die Schwierigkeit: Allein der größte und bekannteste Tempel, Angkor Wat, ist über mehrere 10 000 Quadratmeter mit feinsten Reliefstrukturen bedeckt. Und auch die charakteristischen Türme der über 70 hinduistischen und buddhistischen Sakralbauten sind mitunter so detailreich ausgearbeitet und verziert, dass eine exakte Nachbildung der Heiligtümer die Rechner der Mathematiker überlastete.

Diese Hürde war am Anfang des Projekts noch nicht in Sicht. Bock war während einer seiner Reisen nach Südostasien auf das Weltkulturerbe in Kambodscha als mögliches Arbeitsfeld gestoßen. Mit Universitäten in Vietnam und Thailand hatte sich bereits ein reger Austausch entwickelt. Mittlerweile gibt es auch Kontakt nach Laos, Myanmar und eben Kambodscha.

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Die Unesco gab die entscheidende Finanzspritze, sodass die Angkor Project Group am IWR vor knapp zwei Jahren ihre anspruchsvolle Arbeit aufnehmen konnte – mit dem Ziel, möglichst viele Bauwerke des rund 310 Quadratkilometer großen Angkor-Gebiets am Computer zu modellieren.

„Als interdisziplinäres Zentrum gestalten wir gemeinsame Projekte mit der Physik, Astronomie, Medizin, Biologie und seit Kurzem eben auch mit der Archäologie“, erklärt der promovierte Mathematiker und wissenschaftliche Mitarbeiter am IWR Michael Winckler. Am international vernetzten Angkor-Projekt sind außer ihm und seinen Mathematiker-Kollegen auch Architekturstudenten aus Phnom Penh beteiligt: Sie scannten die zweidimensionalen Baupläne der Tempel.

Wo keine Pläne vorhanden waren, wie bei der buddhistischen Tempelanlage Preah Khan („Großes Schwert“), die eine Fläche von vier Fußballfeldern bedeckt, musste erst vor Ort der Boden vermessen und ein Plan gezeichnet werden. „Auch der nächste Schritt ist klassische Architektenarbeit: Studenten unseres Projekts ziehen aus den Bodenplänen dreidimensionale Modelle hoch“ , berichtet Winckler. Das geschieht mithilfe von Auto CAD, einem Standardprogramm, das auch in modernen Architektenbüros verwendet wird.

Die Modelle sind in winzige Dreiecke unterteilt – doch bei einer Million Dreiecken ist Schluss: „Modelle, die komplexer sind und mehr Dreiecke zur Darstellung benötigen, lassen sich nicht mehr in Echtzeit bearbeiten, ohne dass es minutenlange, störende Pausen gibt“, erklärt Winckler. Um das Problem zu umgehen, behalfen sich die Mathematiker mit einem Trick: Sie entwickelten drei Stufen der Genauigkeit.

Mit ihnen können sie ein Modell je nach gewähltem Maßstab mit feiner oder grober Auflösung abbilden: in einer schematischen Variante, die bei PC-Animationen verwendet wird, wenn es nur auf den Überblick ankommt, auf einem mittleren Level und schließlich in einer Version mit höchstem Detailreichtum, bei der einzelne Abschnitte mit jeder Facette erscheinen. Ausgewählte Teile der Tempelanlage lassen sich also mit größter Genauigkeit bearbeiten. Die Mathematiker müssen nur abwägen zwischen gewünschtem Detailreichtum und darstellbarer Datenmenge.

Um nicht bei jedem Tempel mit der Modellierung von vorn beginnen zu müssen, hat der kambodschanische Architekturstudent Pheakdey Nguonphan ein spezielles Programm entwickelt. Er war von Anfang an bei dem Projekt dabei und wurde mit einem Stipendium der Gottlieb Daimler- und Karl Benz-Stiftung unterstützt. Auch die Heidelberger greifen dem Nachwuchs finanziell unter die Arme: „Seit einem Jahr schreibt das IWR den ,Innovation Award in Scientific Computing for Cultural Heritage‘ aus, ein kleines Stipendium von 30 bis 50 Dollar pro Monat. Für europäische Verhältnisse ist das nicht viel, aber es ermöglicht den kambodschanischen Studenten, sich im Projekt zu engagieren, statt als Touristenführer Geld zu verdienen“, erklärt Winckler.

Viele junge Leute haben kaum eine andere Möglichkeit, ihre Ausbildung in Mathematik oder Architektur zu beenden. „Die IT-Branche boomt in Kambodscha ähnlich wie in Indien, aber Mathematik gilt dort als brotlose Kunst und kaum jemand würde dafür Geld ausgeben“, bedauert der Mathematiker. Ein Drittel der Bevölkerung kann nicht lesen und schreiben – in ländlichen Gegenden ist die Zahl der Analphabeten besonders groß.

Das Land, das erst Anfang der Neunzigerjahre dem 20 Jahre dauernden Bürgerkrieg und der Terrorherrschaft der Roten Khmer entkam, steckt noch im Aufbau. Und es fehlt vieles: „Als wir anfingen, mit den Kollegen der Royal University of Fine Arts in Phnom Penh zusammenzuarbeiten, gab es zum Teil nicht mal Telefonverbindungen, geschweige denn Internet“, berichtet Winckler. Mittlerweile stehen dort Rechner der Universität Heidelberg, an denen auch Tempelmodelle von Angkor erstellt werden.

Dazu hat Pheakdey Nguonphan mit seinem Projekt wesentlich beigetragen: Der angehende Architekt hat für oft wiederkehrende Bauteile der Angkor-WatPeriode – also für typische Türme, Torbögen und Podeste – fertige Module entwickelt. Mit diesem „ Angkor Temple Generator“, wie die Sammlung der rund 20 Basiselemente heißt, lassen sich die Tempel am Computer leicht und schnell zusammensetzen.

Das erste Bauwerk, das virtuell durchschritten werden kann, ist die Angkor-Wat-Bibliothek, ein Nebengebäude des Haupttempels, der sich innerhalb der von einer Mauer umschlossenen, 1470 mal 1300 Meter großen Anlage befindet. Allerdings müssen alle Tempelteile, die nicht im Angkor-Wat-Stil gebaut sind, nach wie vor von Hand modelliert werden – Dreieck für Dreieck.

Dabei sind die virtuellen Rekonstruktionen keineswegs eine Spielerei professioneller Computerfreaks. Es gelingt damit, Wissenschaftlern, zum Beispiel Archäologen, und auch Touristen das ursprüngliche Bild der Tempel zu vermitteln. Manche Modelle halten zudem den aktuelle Zustand der Tempel fest. Denn die Substanz der Bauwerke aus weichem Laterit- und Sandstein ist vielerlei Angriffen ausgesetzt – durch das tropische Klima mit seinen extremen Temperaturen und Monsunregen sowie durch wuchskräftige Dschungelpflanzen, Pilze, Algen und Bakterien. Als Hauptproblem sieht Michael Winckler allerdings die „ Touristenerosion“ – die Abnutzung der Steine durch die unzähligen täglichen Fußtritte.

Doch die Rekonstruktion am Bildschirm genügt den Wissenschaftlern nicht. Für ein Informationszentrum – Winckler: „ Das war bisher eine Hütte aus Kokosmatten mit Strohdach“ – basteln die Forscher an einer Vorlage für ein verkleinertes Gipsmodell des Preah Khan. Damit möchte Winckler den Touristen zwei Botschaften vermitteln: „Sie bekommen einen Eindruck von der Gesamtstruktur und von Teilen, die nicht begehbar sind. Und ihnen wird klar, wie stark manche Abschnitte zerstört sind.“

Die Technik, um den buddhistischen Tempel aus dem 12. Jahrhundert in Gips zu verewigen, ist aufwendig – und entsprechend teuer. Das 1,40 auf 2,20 Meter große Modell im Maßstab 1 zu 120 wird bei Spezialisten in Groß-Gerau dreidimensional mit einem speziellen Druckverfahren gefertigt, auf einen Zehntel Millimeter genau. Mit seinen Kosten von 20 000 Euro verschlingt dieses Modell einen Großteil des Budgets, das die amerikanische Organisation World Monument Fund zur Verfügung gestellt hat. „Ein kleineres Modell des hinduistischen Tempels Prasat Kravann aus dem 10. Jahrhundert existiert bereits. Daran testen unsere kambodschanischen Kollegen gerade, wie sich die weiße Rohform am besten einfärben lässt“, erklärt Winckler.

Der Restaurierungsexperte Hans Leisen von der Fachhochschule Köln, der mit seinem „German Apsara Conservation Project“ schon seit 1997 maßgeblich an der Erhaltung von Angkor beteiligt ist, wird eine Materialprobe des Modells erhalten, um sie auf Licht- und Wetterfestigkeit zu überprüfen und dann die Oberfläche zu optimieren.

Dem Schutz der einzigartigen Bauwerke dient auch das virtuelle Touristenmodell, das die Heidelberger Wissenschaftler entworfen haben. Der hinduistische Tempel Phnom Bakheng, der zwischen Angkor Wat und der alten Stadt Angkor Thom auf einem Hügel liegt und sich 110 Meter über die Ebene erhebt, findet tagsüber wenig Beachtung. Doch jeden Abend strömen bis zu 3000 Touristen zu dem 60 Meter hohen Pyramidenbau, weil der Sonnenuntergang von dort aus atemberaubend anzuschauen ist. Das Problem dabei: Zu dem über 1000 Jahre alten hinduistischen Tempel mit fünf übereinander liegenden Terrassen führen steile Treppen, auf denen sich die Massen nach oben schieben. „Das schadet den alten Steinen und ist gefährlich für die Touristen, die sich auf dem zerklüfteten Untergrund leicht verletzen können“, sagt Winckler.

Zwar werden bei Restaurierungen immer wieder einzelne Teile der Treppen und Tempel gesperrt, doch die Besucher sollen nicht von Angkor ferngehalten werden. „Zum einen sind das lebende Tempel, zu denen Mönche kommen, um zu beten, zum anderen ist der Tourismus die Haupteinnahmequelle der Menschen. Die Bevölkerung dort ist darauf angewiesen“, betont Winckler. Allein im letzten Jahr, verbreitet das zuständige kambodschanische Ministerium, sei die Zahl der Touristen um 20 Prozent auf 1,7 Millionen gestiegen.

In einer aufwendigen Simulation haben die Heidelberger Wissenschaftler deshalb das typische Verhalten der Touristen nachgestellt. Nur wenn sie wissen, wie sich die Menschen vor Ort bewegen, wo sie wie oft und wie lange stehen bleiben, können sie den Menschenstrom lenken. Dabei hilft ihnen eine sogenannte Multi-Agenten-Simulation, bei der jeweils ein „Agent“ einen Touristen darstellt. Jedem Agenten – in der grafischen Darstellung nur ein kleiner grauer Punkt – sind individuelle Parameter zugeordnet, wie seine Aufenthaltsdauer, Nationalität oder Interessenlage und ob er Gruppenmitglied ist oder Individualtourist.

Mithilfe dieser Daten, die ein halbes Jahr lang vom Ministerium für Tourismus vor Ort gesammelt wurden, können die Mathematiker simulieren, wie sich die Besucher am Phnom Bakheng verhalten. „Unser Wunsch wäre es, die Touristen, ohne dass sie es merken, auf vorgegebene Pfade zu führen. Wir werden Vorschläge machen, wo ein Kiosk oder ein Infostand stehen und wo Ersatztreppen aus Holz für den steilen Auf- und Abstieg gebaut werden“, nennt Winckler das Ziel.

Schon lange sehen Touristen nicht mehr den Originalzustand der alten Tempel. Denn neben dem natürlichen Schwund gab es seit der Ankunft der westlichen Besucher – der französische Botaniker Henri Mouhot machte 1860 den Anfang – auch Verluste durch Kunstraub. Vermutlich stehen nur noch wenige Statuen an ihrem ursprünglichen Platz. Es heißt, dass sogar die aus Beton gefertigten Ersatzteile entwendet und für viel Geld auf dem Schwarzmarkt verkauft wurden. Viele Statuen sind zudem auf Museen in der ganzen Welt verteilt.

Um zusammenzubringen, was zusammengehört, bildet Winckler mit seinem Team einzelne Statuen und Köpfe am Computer nach. Das geschieht zum Teil mit einem schlichten 3-D-Laserscanner der Technischen Universität Braunschweig, zum Teil mithilfe von Photogrammetrie. „Das eröffnet uns mehrere Möglichkeiten: Wir können Statuen virtuell zusammenfügen, von denen der Kopf in Wirklichkeit etwa im Pariser Museum Guimet in einer Vitrine schlummert und der Körper vielleicht in den Archiven des Nationalmuseums Phnom Penh“, freut sich Winckler. Darüber hinaus können Einzelteile sichtbar gemacht werden, die zu Hunderten hinter verschlossenen Türen in Lagerräumen ihr Dasein fristen. Die wertvollen Stücke könnten dann in einem virtuellen Museum in Kambodscha und überall auf der Welt gezeigt werden. Die Räumlichkeiten der virtuellen Ausstellung sollen denen des kambodschanischen Nationalmuseums entsprechen, so der Plan. Eine Vorversion existiert bereits auf dem Rechner von Michael Winckler.

Und der Mathematiker plant ein neues Projekt: „Ich kann mir vorstellen, eine Software fürs Handy oder das PDA zu entwerfen, von der sich der Angkor-Besucher die Informationen des Tempels abrufen kann, vor dem er gerade steht“, meint Winckler. Damit wäre eine virtuelle Führung möglich, wie es sie seit Kurzem auch für Heidelberg gibt (bild der wissenschaft 5/2007, „WLAN: Mit Liselotte durch Heidelberg“).

Michael Winckler gehen nicht so rasch die Ideen aus, um die Restaurationsprogramme mit seiner Computertechnik zu unterstützen. Die Rettung des Weltkulturerbes von Angkor ist eine internationale Mission, die von der kambodschanischen Organisation APSARA (Authority for the Protection and Management of Angkor and the Region of Siem Reap) und dem ICC (International Coordinating Committee) der Unesco überwacht wird. Alle Projekte müssen von dieser internationalen Vereinigung genehmigt werden. Ziel ist es, sicherzustellen, dass nur mit den besten und den modernsten Methoden an den wertvollen Heiligtümern gewerkelt wird.

Vor über 100 Jahren begannen Franzosen mit den ersten Erhaltungsmaßnahmen. Sie erprobten am nördlich gelegenen Tempel Banteay Srei erstmals die Methode der Anastilosis, bei der ein antikes, einsturzgefährdetes Gebäude auseinandergenommen und aus eben diesen Steinen wieder zusammengesetzt wird. Diese Methode hat sich mittlerweile bewährt. Nicht oft angewandt wird dagegen eine Technik, die bei der Restauration einer Sandsteinbrücke, die zum Angkor Wat führt, zum Zug kam: Hier setzten die Restauratoren ein Betonfundament unter das ursprüngliche Mauerwerk.

Um die Statik der Großgebäude kümmern sich vor allem amerikanische Experten von nichtstaatlichen Organisationen wie dem World Monument Fund. Viele Mauern sind einsturzgefährdet, sobald es Verschiebungen im Untergrund gibt. „Das liegt daran, dass die großen Steinblöcke, aus denen die Tempel errichtet wurden, nicht miteinander verbunden sind, sondern nur durch Reibung aneinander haften“, erklärt Winckler.

Und er berichtet von einem „Risikopatienten“: „Auf dem Areal des Preah Khan steht der erste zweistöckige Bau, der im Angkor-Gebiet errichtet wurde – vermutlich ein Reisspeicher. Da die Konstrukteure noch keine Statik kannten, ist die Kraftverteilung nur nach unten ausgerichtet.“ Der erste Stock besteht aus bis zu 60 Zentimeter dicken Steinplatten, die auf vielen massiven runden Säulen ruhen. „Sollte sich der Boden auch nur ein bisschen absenken, fällt das ganze Gebäude wie ein Kartenhaus in sich zusammen.“

An einen Wiederaufbau bereits zerstörter Tempel ist allerdings nicht gedacht. Zum Teil ist gar nicht auszumachen, wie der ursprüngliche Zustand war, da die Tempel im Laufe der Jahrhunderte mehrmals umgebaut wurden – je nachdem, welcher Glaubensrichtung der herrschende König angehörte. Winckler nennt ein Beispiel: „Als die Franzosen die hinduistische Tempelpyramide Phnom Bakheng entdeckten, thronte auf deren oberster Plattform eine unfertige Buddha-Statue. Beim Abtragen der Bausubstanz kamen dann die ursprünglichen Türme des hinduistischen Tempels wieder zum Vorschein.“

Ob hinduistisch, buddhistisch, zerfallen oder erhalten – die Tempelanlage in Angkor gehört zu den größten religiösen Zentren überhaupt und ist mit ihrer meisterlichen Baukunst einmalig in der Welt. Deshalb wurde sie auch in die Liste der möglichen neuen Weltwunder aufgenommen, aus der sieben ausgewählt werden sollen. Dem Aufruf des schweizerischen Initiators Bernard Weber, im Internet mitzuwählen, sind bereits über 25 Millionen Menschen gefolgt. Bis zur Entscheidung am 7. Juli kann noch abgestimmt werden.

„Angkor hat meine Stimme“, sagt Michael Winckler, ohne zu zögern. Trotz nüchterner Zahlen, Daten und Grafiken am Computer hat ihn das versunkene Tempelreich in seinen Bann gezogen. ■

Cornelia Varwig

Ohne Titel

· Mit aufwendigen Computermodellen helfen Heidelberger Mathematiker bei der Erhaltung des Weltkulturerbes in Kambodscha. • Auch Touristen profitieren von den virtuellen Rekonstruktionen.

COMMUNITY Event

Vom 5. Mai bis 29. Juli ist im Martin- Gropius-Bau in Berlin die Ausstellung „Angkor – Göttliches Erbe Kambodschas“ zu sehen. Es werden zahlreiche Steinplastiken, Bronzefiguren, Silberarbeiten und Malereien der alten Khmer-Kultur gezeigt.

Öffnungszeiten:

Mittwoch bis Montag 10 bis 20 Uhr

Dienstag geschlossen

Eintritt: 7 Euro, ermäßigt 5 Euro

www.gropiusbau.de

Internet

Das Angkor-Projekt des Interdisziplinären Zentrums für wissenschaftliches Rechnen der Universität Heidelberg:

scotty.iwr.uni-heidelberg.de/

Einige Angkor-Rekonstruktionen der ETH Zürich:

www.photogrammetry.ethz.ch/research/angkor3D/index.html

Viele Bilder und Baupläne geben einen guten Überblick über die verschiedenen Tempel (auf Englisch):

www.theangkorguide.com/

360-Grad-Panoramabilder ermöglichen einen Rundblick über Angkor und andere Sehenswürdigkeiten:

www.world-heritage-tour.org

Über die Internet-Liste der neuen sieben Weltwunder kann bis zum 7. Juli abgestimmt werden:

www.new7wonders.com

Lesen

Claude Jacques, Suzanne Held

ANGKOR

Hirmer 2006, € 49,90

ANGKOR – GÖTTLICHES ERBE KAMBODSCHAS

Ausstellungskatalog

Prestel 2006, € 59,–

Museumsausgabe € 28,–

Ohne Titel

Die blütezeit der Khmer-Kultur in Angkor dauerte 400 Jahre – vom 9. bis zum 13. Jahrhundert. Dabei kam es bei jedem Wechsel auf dem Königsthron zu neuen umfangreichen Tempelbauten, die je nach Herrscher in buddhistischer oder hinduistischer Tradition standen. Handelsbeziehungen sorgten dafür, dass die gesamte Region stark von der indischen Kunst und Kultur beeinflusst wurde.

Ab dem 10. Jahrhundert manifestierte sich in der Architektur die kosmologische Weltsicht der Khmer. Die Tempelanlagen wurden zum Abbild ihres Makrokosmos: Die weitläufigen Umfassungsmauern, von denen jede über 1000 Meter lang ist, symbolisierten die Erde als Gebirgskette. Die Wassergräben um die Tempelanlagen waren ein Sinnbild für die Urozeane. Und der Tempelberg stellte den mythischen Weltberg Meru dar, in dem die Götter wohnten.

Die steinernen Paläste dienten ausschließlich zur Huldigung der Götter. Versammlungen oder Gottesdienste fanden dort nicht statt. Nur die Bauten, die zu religiösen Zwecken errichtet wurden, waren aus Stein gefertigt, alle anderen bestanden ausschließlich aus Holz und sind deshalb längst zerfallen.

Nachdem die Angkor-Region wiederholt besetzt wurde, zwangen spätestens um 1430 die erstarkten Thai die Khmer, ihr Zentrum in die Nähe von Phnom Penh zu verlagern. Die letzte überlieferte Inschrift in Angkor datiert schon auf 1327.

Die Menschen haben sich allerdings nie von dem spirituellen Ort getrennt. Noch heute leben rund 40 000 Kambodschaner in kleinen Dörfern in der Tempelregion und bauen wie eh und je Reis an, halten an ihren religiösen Bräuchen fest und legen Blumen an den Gebetsschreinen nieder. Auch zur Freude der Touristen: Die in orange-farbene Tücher gehüllten Mönche sind ein beliebtes Foto-Objekt.

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Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

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Fett|le|ber  〈f. 21; Med.〉 abnorme Ablagerung von Fett in der Leber

ver|kehrs|wid|rig  〈Adj.〉 gegen die Verkehrsregeln verstoßend ● ~es Verhalten

Kul|tur|ras|se  〈f. 19〉 1 〈Zool.〉 durch verbesserte Pflege, Haltung u. Fütterung sowie geeignete Zuchtverfahren leistungsfähig gewordene Rasse unserer Haustiere 2 〈Bot.〉 durch Züchtung entstandene Form (Varietät) einer Pflanze … mehr

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