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Königliches Grab mit Rätsel-Affe

Geschichte|Archäologie

Königliches Grab mit Rätsel-Affe
Schädelfragment des mysteriösen Gibbons. (Credit: Samuel Turvey/ZSL)

Er war möglicherweise das Haustier der Großmutter des ersten chinesischen Kaisers: In einem etwa 2300 Jahre alten chinesischen Grab haben Forscher die Überreste eines Gibbons entdeckt, der einer bisher unbekannten Art und Gattung angehörte. Vermutlich haben der Mensch und klimatische Veränderungen in China zum Aussterben dieser Spezies in den letzten 2000 Jahren geführt, sagen die Forscher.

Sie hangeln sich mit ihren langen Armen von Ast zu Ast und verschaffen sich durch laute und mystisch klingende „Gesänge“ Gehör: Heutzutage gibt es nur noch im äußersten Süden Chinas Gibbons – das Hauptverbreitungsgebiet dieser „kleinen Menschenaffen“ ist Südostasien. Doch aus der klassischen chinesischen Literatur und Malerei ist bekannt, dass die charismatischen Primaten einst auch in Zentralchina weit verbreitet waren. Sie galten als edle Tiere und wurden sehr geschätzt. Interessanterweise sind die Gibbons auf den alten chinesischen Malereien mit Fellmerkmalen dargestellt, die nicht zu den heute noch im Süden Chinas lebenden Gibbons passen. Nun klärt sich – es handelte sich offenbar um Arten, die es heute nicht mehr gibt.

Der Affe der Großmutter des ersten Kaisers?

Der Fund der dies belegt, stammt aus einem Grab, das 2004 im Bereich der einst mächtigen Kaiserstadt Chang’an in Zentralchina entdeckt worden war. Es gibt Hinweise darauf, dass es sich bei dem rund 2300 Jahre alten Grab um die Ruhestätte der Lady Xia handelt. Eine noble Dame mit ausgesprochen prominenter Verknüpfung! Sie war die Großmutter eines Königs von Qin, der den Lauf der chinesischen Geschichte verändern sollte: Qin Shihuangdi vereinigte China und wurde zum ersten Kaiser des Reichs der Mitte. 210 v. Chr. wurde er mit seiner berühmten Terrakotta-Armee nahe Chang’an begraben.

In dem vermutlichen Grab seiner Großmutter entdeckten Archäologen unter anderem zahlreiche Überreste von Tieren. Diese Funde haben die Forscher um Samuel Turvey von der Zoological Society of London nun genau unter die Lupe genommen. Es handelte sich um Knochen von Leoparden, Luchsen, Schwarzbären, Kranichen und verschiedenen Nutztieren. In diesem Sortiment entdeckten die Forscher auch die Überreste eines Gibbons.

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„Es war damals üblich, Grabkammern mit Gegenständen und Wesen auszustatten, die der Verstorbene zu Lebzeiten besaß oder die zu seinem Lebensumfeld gehörten“, sagt Co-Autor Hu Songmei vom Shaanxi Institut in Xi’an. Es ist somit möglich, dass es sich bei dem Gibbon um eine Art Haustier der Lady Xia gehandelt hat. „Möglicherweise hat auch der Kaiser selbst dieses spezielle Tier gekannt“, so Songmei.

Eine unbekannte Art und Gattung

Anatomische Untersuchungen des Schädels und der Zähne des Gibbons aus dem Grab ergaben schließlich das zweite spektakuläre Ergebnis: Die Merkmale passen zu keiner heute noch existierenden Gibbon-Art. Den Forschern zufolge handelt es sich somit um eine bisher unbekannte ausgestorbene Spezies, die sich auch keiner der heutigen vier Gattungen der Gibbons zuordnen lässt. Die Wissenschaftler gaben der neuen Art den Namen Junzi Imperialis.

Turvey und seinen Kollegen zufolge könnte es sein, dass Junzi Imperialis nur eine von mehreren Gibbonarten war, die sich einst durch die Wälder Zentralchinas hangelten und im Laufe der letzten 2000 Jahre verschwunden sind. Offenbar hat die Verehrung der Gibbons im kaiserlichen China nicht dazu geführt, den Lebensraum dieser Tiere zu bewahren. Vermutlich hat vor allem die Zerstörung der Wälder für die Landwirtschaft zum Aussterben der Affen geführt. Die gleiche Entwicklung bedroht auch heute die Gibbons, betonen die Autoren. Ohne Wälder können diese charismatischen Primaten nicht existieren und drohen ebenfalls zu verschwinden, wie einst die verehrten Gibbons Zentralchinas.

Quelle: Science doi: 10.1126/science.aao4903

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