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Lucys Baby kletterte doch

Geschichte|Archäologie

Lucys Baby kletterte doch
Die Fußknochen des Vormenschen-Kinds (links) im Vergleich zu einem erwachsenen Australopithecus-Fuß (rechts oben) (Foto: Jeremy DeSilva/ Cody Prang)

Die Vormenschen-Frau „Lucy“ gehört zu den berühmtesten Urahnen des Menschen – auch weil ihr zu 40 Prozent vollständiges Skelett belegt, dass sie und ihre Artgenossen bereits aufrecht gingen. Doch waren diese Australopithecinen tatsächlich strikte Zweibeiner? Die Merkmale der Fußknochen eines Vormenschen-Kleinkinds scheinen diese Frage nun zu verneinen. Demnach legen anatomische Besonderheiten nahe: Das Mädchen verbrachte auch noch viel Zeit kletternd in den Bäumen.

Der Mensch geht aufrecht auf zwei Beinen – ganz anders als seine engsten noch lebenden Verwandten, die Menschenaffen. Doch wann hat sich dieses Alleinstellungsmerkmal entwickelt? Diese Frage wird unter Anthropologen seit jeher intensiv diskutiert. Dabei scheint sich abzuzeichnen, dass die Entstehung des typisch menschlichen Gangs weit in die Evolutionsgeschichte zurückreicht. Denn schon „Lucy“, die vielleicht berühmteste Urahnin des Menschen, konnte aller Wahrscheinlichkeit nach aufrecht gehen. Darauf deuten zumindest das Becken und die Füße dieser 3,2 Millionen Jahre alten Australopithecus afarensis-Frau hin. Strittig ist jedoch, ob Lucy und ihre Artgenossen bereits strikte Zweibeiner waren wie der heutige Mensch – oder ob sie auch noch regelmäßig auf Bäumen herumkletterten.

Strikte Zweibeiner?

Wissenschaftler um Jeremy De Silva vom Dartmouth College in Hanover liefern nun neue Erkenntnisse zu diesem Thema. Sie haben die fossilen Knochen eines Kindes untersucht, das wie Lucy zur Spezies A. afarensis gehörte. Der rund 3,3 Millionen Jahre alte Fund aus Äthiopien wurde schon vor einigen Jahren publik gemacht – damals deuteten Forscher die Schien- und Fersenbeine des zu seinem Todeszeitpunkt schätzungsweise drei Jahre alten Mädchens als typisch für eine ausgeprägte Zweibeinigkeit. Doch ein Teil der Fußknochen konnte zunächst gar nicht untersucht werden, weil sie erst vorsichtig aus dem Sediment freigelegt werden mussten. Die Analyse dieser zuvor verborgenen Strukturen haben De Silva und seine Kollegen nun nachgeholt.

Dabei zeigte sich: Auch die neu untersuchten Knochen stützen die Annahme, dass das Mädchen viele wichtige Merkmale besaß, die einen zweibeinigen Gang nahelegen – so wie die bekannten Fossilien erwachsener Vertreter dieser Vormenschenart. Daneben hatte das Kind jedoch auch anatomische Eigenheiten, die eher für eine andere Fortbewegungsweise sprechen und von erwachsenen A. afarensis nicht in dieser Form bekannt sind. So war sein Fersenbeinhöcker graziler und das erste Keilbein der Fußwurzel stärker gewölbt als bei heutigen Zweibeinern. All dies deutet auf eine größere Beweglichkeit der Gelenke hin, insbesondere des großen Zehs. Dieses Merkmal ist beispielsweise beim Klettern wichtig, wie die Forscher berichten.

Auch in den Bäumen zuhause

Damit scheint nach Ansicht des Wissenschaftlerteams klar: A. afarensis ging zwar bereits auf zwei Beinen, kletterte aber zumindest im Kindesalter auch noch häufig. Demnach könnten die Heranwachsenden dieser Spezies verhältnismäßig viel Zeit auf Bäumen verbracht haben, die sie affenartig erklommen – möglicherweise eine wichtige Überlebensstrategie. „Wer vor drei Millionen Jahren in Afrika lebte, ohne Feuer, Infrastruktur und Mittel zur Verteidigung, tat gut daran, bei Sonnenuntergang in den Baumwipfeln zu verschwinden“, konstatiert De Silva. „Diese Ergebnisse tragen zu einem besseren Verständnis der Ökologie dieser Vormenschenart bei“, schließt Seniorautor Zeresenay Alemseged von der University of Chicago.

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Quelle: Jeremy De Silva (Dartmouth College, Hanover) et al., Science Advances, doi: 10.1126/sciadv.aar7723

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