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Milchverträglichkeit war entscheidend für Erfolg der Bauern-Kulturen

Geschichte|Archäologie

Milchverträglichkeit war entscheidend für Erfolg der Bauern-Kulturen
Forscher des Projekts BEAN besuchen Ausgrabungen im Westen Anatoliens. (Foto: Joachim Burger)

Bei der Erforschung der Ausbreitung der Michwirtschaft in Europa im Rahmen des EU-Projekts LeCHE wurden spannenden Entdeckungen zur Entwicklung der Milchverträglichkeit gemacht.

Mit dem Übergang von Jäger- und Sammlerkulturen zu sesshaften Bauern in der Jungsteinzeit kam im Nahen Osten die Nutzung von Milchtieren auf und verbreitete sich von dort aus über ganz Europa. Dabei spielte die Verarbeitung von Milch zu Käse und Joghurt eine wesentliche Rolle, da so der Laktosegehalt der Frischmilch auf ein verträgliches Maß reduziert wurde und den Menschen dadurch neue wertvolle Nahrungsmittel zur Verfügung standen. Der Milchzucker in frischer Milch, Laktose, konnte bis vor ca. 8000 Jahren nur im Kindesalter verdaut werden, weil das körpereigene Enzym Lactase, das für die Verdauung des Milchzuckers verantwortlich ist, mit zunehmendem Alter eingestellt wurde. Eine genetische Mutation, die kurz bevor die ersten Bauern Europa besiedelten eintrat, führte dazu, dass der Körper dauerhaft Lactase bildet, sodass seit dieser Zeit immer mehr Erwachsene in Nord- und Mitteleuropa Milch trinken und verdauen konnten.

„Diese Milch-Revolution in zwei Schritten könnte der entscheidende Faktor gewesen sein, dass Bauern und Tierhüter aus dem Süden über Europa hinwegfegen und die Jäger- und Sammlerkulturen ersetzen konnten, die zuvor Tausende von Jahren dort gelebt hatten“, heißt es in einem Bericht des Wissenschaftsmagazins Nature über die LeCHE-Forschungen.

An dem Projekt haben 12 Doktoranden und ihre Betreuer aus verschiedenen Disziplinen – Anthropologen, Archäologen, Chemiker und Genetiker – seit 2009 gearbeitet und die Rolle von Milch, Käse und Joghurt bei der frühen Besiedelung Europas untersucht und zahlreiche Publikationen dazu veröffentlicht. Der Mainzer Anthropologe Prof. Dr. Joachim Burger war an dem Projekt maßgeblich beteiligt und sagt: „Um die Bedeutung einzuschätzen, muss man bedenken, dass ein großer Teil aller heutigen Mittel- und Nordeuropäer eine nur kleine Gruppe von neolithischen Ackerbauern als Vorfahren hat, die zufällig in der Lage waren, auch nach dem Abstillen Frischmilch zu verdauen.“ Sein Team hat die Laktase-Persistenz, also die Fähigkeit, Milchzucker abzubauen, in Skeletten des Neolithikums untersucht. „Zu den prominentesten Ergebnissen der LeCHE-Gruppe gehört der Nachweis von Milchfetten in zahlreichen jungsteinzeitlichen Keramikresten und auch die Modellierungen zur Verbreitung der positiven Selektion von Laktase-Persistenz“, resümiert Burger. Bis vor 5.000 Jahren lag die Laktase-Persistenz in der Bevölkerung bei nahezu null, auch in Gebieten, in denen sie heute über 60 Prozent beträgt. Starke positive Selektion und immer wieder auftretende Migrationswellen machen die Forscher für diesen evolutionär ungewöhnlich rapiden Anstieg verantwortlich.

Das EU-Projekt BEAN (Bridging the European and Anatolian Neolithic) forscht nun – ohne den Schwerpunkt Milch – den Ursprüngen der ersten sesshaften Europäern im Balkan und dem Westen Anatoliens nach. Um die reale Welt der frühen Bauern jenseits von Computersimulationen und Laboren besser zu verstehen, haben die BEAN-Forscher kürzlich im Rahmen einer Exkursion zehn Tage lang die archäologischen Fundplätze im Westen Anatoliens besucht. „Es wurde uns sehr deutlich, dass der Westen der heutigen Türkei ebenso wie der Balkan die beiden Schlüsselregionen für die europäische Bevölkerungsgeschichte der letzten 10.000 Jahre sind“, fasst Burger die Erfahrungen der Exkursion zusammen.

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Quelle: Johannes Gutenberg-Universität Mainz
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