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Minoische Goldringe im Grab eines mykenischen Kriegers

Geschichte|Archäologie

Minoische Goldringe im Grab eines mykenischen Kriegers
Der zweitgrößte jemals in der Ägäis entdeckte goldene Siegelring zeigt fünf Frauen an einem Schrein am Meer. (Foto: University of Cincinnati)

Kriegsbeute oder kulturelle Aneignung? Der Fund von vier goldenen Siegelringen im Grab eines mykenischen Bronzezeit-Kriegers gibt Rätsel auf. Denn die Ringe stammen nicht aus Mykene, sondern sind minoischer Herkunft. Nach Ansicht von Archäologen sind diese Ringe mehr als nur eine Beute von Raubzügen der Mykener. Sie könnten die Übernahme religiöser Konzepte der Minoer durch die Mykener anzeigen.

Das Grab des Greifen-Kriegers

Vor rund einem Jahr sorgte die Entdeckung des „Greifen-Kriegers“ für Aufsehen. Nahe der Stadt Pylos waren Archäologen auf das rund 3500 Jahre alte unberührte Grab dieses mykenischen Kriegers gestoßen. Neben den Überresten des Toten fanden sich mehr als 2000 Objekte im Grab, darunter silberne Kelche, kostbare Steinperlen, Elfenbeinkämme, ein reichverziertes Schwert und vier goldenen Ringe. Seinen Namen erhielt der „Greifen-Krieger“ wegen einer elfenbeinernen Plakette, die mit dem Relief eines Greifen geschmückt war.

Experten titulierten diesen Fund damals als „einmalig“ – auch weil Einzelgräber aus der mykenischen Zeit, und noch dazu unberührte, extrem rar sind. Spannend ist zudem die Zeit, aus der das Grab und sein Inhalt stammen: Die Zeit um 1500 v. Chr. markiert den Aufstieg des mykenischen Reiches und das Ende der Hochkultur der Minoer. Der Krieger stammt damit aus einer Umbruchszeit, die in der Bronzezeit das gesamte östliche Mittelmeer prägte.

Vier goldene Ringe

Jetzt präsentieren Archäologen neue Informationen zu den Grabfunden und im Speziellen zu den vier goldenen Ringen aus dem Grab des Greifenkriegers. Sowohl die Siegelringe als auch einige weitere Funde sind demnach anhand ihrer Motive und Verzierungen eindeutig als minoisch zu erkennen. So zeigt der erste Ring zeigt einen Stiersprung – ein kultisch-athletisches Ereignis, das bei den Minoern eine wichtige Rolle spielte.

Der zweite Ring ist der zweitgrößte jemals im Gebiet der Ägäis entdeckte goldene Siegelring. Auf ihm sind fünf prachtvoll gekleidete Frauen zu erkennen, die neben einem Schrein am Meeresufer stehen. Der dritte Ring zeigt eine Göttin mit einem Stab, die von zwei Vögeln flankiert wird. Auf dem vierten Goldring taucht erneut ein Bezug zu Stieren auf: Eine auf einem Thron sitzende Göttin mit Spiegel bekommt ein Stierhorn dargeboten. Ein Großteil dieser Motive gehört damit zur religiösen Welt der Minoer.

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Zufällige Kriegsbeute oder bewusste Auswahl?

Aber warum wurden diese Ringe mit minoisch-religiösen Motiven im Grab eines mykenischen Kriegers gefunden? Theoretisch wäre es möglich, dass diese Ringe ungeachtet ihrer inhaltlichen Bedeutung einfach eine Kriegsbeute waren und deshalb mit ins Grab gelegt wurden. „Wir wissen, dass es zu dieser Zeit ausgiebige Raubzüge von Mykenern auf minoischem Gebiet gab“, erklärt Shari Stocker von der University of Cincinnati. „Kurz nach dem Begräbnis des Greifenkriegers wurde das minoische Kreta von den Mykenern erobert.“

Doch nach Ansicht der Archäologen ist dies zu kurz gedacht. Stattdessen spreche die große Anzahl minoischer Objekte im Grab eher dafür, dass diese unter vollem Bewusstsein ihrer religiösen Bedeutung dort platziert wurden. „Sie haben nicht einfach wahllos Beute gegriffen, wie man einen Juwelierladen ausraubt“, sagt Stocker. „Stattdessen haben sie spezifisch die Beutestücke ausgewählt, die für sie verständliche und bedeutungsvolle Botschaften vermittelten.“

Mehr Austausch als gedacht

Nach Ansicht der Archäologen sprechen diese Grabbeigaben dafür, dass die Mykener zu jener Zeit bereits einige religiöse und kulturelle Konzepte und Sitten von den Minoern übernommen hatten. „Wir glauben, dass die Menschen auf dem griechischen Festland damals die ikonografische Bedeutung dieser Ringmotive bereits verstanden“, sagt Stockers Kollege Jack Davis. Die Ringe und auch weitere Grabbeigaben minoischer Herkunft belegen damit den umfangreichen Austausch zwischen diesen beiden Kulturen.

„Diese Funde geben uns einen Einblick in den Glauben, die Ideen und Ideologien, die in dieser Entstehungszeit der mykenischen Zivilisation existierten“, sagt Stocker. Das Grab und seine Beigaben seien wie eine Zeitkapsel aus dieser bisher so schwer zu fassenden Übergangszeit zwischen den Kulturen.

Quelle: University of Cincinnati
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