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Moderne Menschen haben bereits vor 125.000 Jahren den Südosten Arabiens erreicht

DAMALS-Kooperation

Moderne Menschen haben bereits vor 125.000 Jahren den Südosten Arabiens erreicht
Einer der frühen Faustkeile des „Anatomisch Modernen Menschen. Foto: Joint Sharjah-Tübingen Archaeological Project.

Ein internationales Wissenschaftlerteam um Prof. Hans-Peter Uerpmann von der Eberhard Karls Universität Tübingen hat die bisher verbreitete Ansicht widerlegt, dass anatomisch moderne Menschen vor etwa 70.000 Jahren von Afrika über Arabien nach Südasien eingewandert seien. Die neuen Daten belegen, dass dies schon gut 50.000 Jahre früher geschah und dass moderne Menschen schon vor etwa 125.000 Jahren den Südosten Arabiens erreicht hatten. ‚Anatomisch moderne’ Menschen – unsere direkten Vorfahren – entstanden vor etwa 200.000 Jahren in Afrika und haben in der Folgezeit den Rest der Welt bevölkert.

Die neue Studie, die am 28. Januar in Science erscheint, berichtet über Funde eines langjährigen Grabungsprojekts am Jebel Faya in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Das von Prof. Uerpmann geleitete Grabungsprojekt erreichte dort 2006 paläolithische (altsteinzeitliche) Schichten. Die sich anschließenden Laboruntersuchungen in Tübingen, Oxford und London führten zu den jetzt publizierten Resultaten.

Prof. em. Anhthony Marks von der Southern Methodist University in Dallas (USA) und Dr.Vitaly Usik vom Archäologischen Institut der Ukrainischen Akademie der Wissenschaften in Kiew untersuchten die paläolithischen Steinwerkzeuge vom Jebel Faya in Tübingen und kamen zu dem Ergebnis, dass diese technologisch denjenigen gleichen, die in Ostafrika von frühen modernen Menschen hergestellt wurden. Sie unterscheiden sich klar von solchen, die zu vergleichbaren Zeiten weiter nördlich in Arabien, in der Levante oder in Iran erzeugt worden sind. Dies ist ein klarer Hinweis darauf, dass frühe moderne Menschen direkt von Afrika nach Arabien eingewandert sind, und nicht wie früher angenommen durch das Niltal nach Norden und von dort weiter über den Nahen Osten nach Asien und Europa.

Zwei wesentliche Hindernisse liegen auf dem Weg zwischen Ostafrika und dem Jebel Faya: zum einen das südliche Rote Meer und zum anderen das flache, wasserlose Nedj-Plateau, das sich von der innerarabischen Wüste bis zum Indischen Ozean erstreckt. Prof. Adrian Parker von der Oxford Brookes Universität hat Daten zu Veränderungen des Meeresspiegels und des Klimas der Region untersucht. Er kommt zu dem Schluss, dass in der frühen Vergangenheit der direkte Verbindungsweg während kurzer Zeitspannen begehbar gewesen sein muss: Während der Eiszeiten waren große Wassermassen im Inlandeis gebunden, was zur Absenkung des Meeresspiegels geführt hat. In solchen Zeiten verengt sich die Meeresstraße „Bab al-Mandab“ am Südende des Roten Meeres beträchtlich, sodass sie leichter zu überwinden war. Andererseits führten natürliche Klimaveränderungen am Ende von Eiszeiten zu verstärkten Niederschlägen über dem Nedj-Plateau und machten diese Gegend bewohnbar. Prof. Parker erklärt: „Vor 130.000 Jahren war der Meeresspiegel noch rund 100 Meter tiefer als heute, während das Nedj-Plateau bereits passierbar war. Es gab einen kurzen Zeitraum, in dem frühe moderne Menschen in der Lage waren, den direkten Weg zwischen Ostafrika und Jebel Faya zu benutzen.“

Dr. Simon Armitage vom Royal Holloway College der Universität London errechnete das Alter der Steinwerkzeuge vom Jebel Faya mit Hilfe einer Methode, die Lumineszenz-Datierung genannt wird. Seine Altersbestimmung zeigt, dass moderne Menschen bereits vor etwa 125.000 Jahren am Jebel Faya waren – unmittelbar nach der Zeit, in der sowohl die Meerenge Bab al-Mandab wie auch die Wüste des Nedj-Plateaus passierbar waren. Er sagt: „Archäologie ohne genaue Altersbestimmungen ist wie ein Puzzle, dem die Verbindungsstücke fehlen – man hat viele Einzelinformationen, aber man kann sie nicht zu einem Gesamtbild zusammenbringen.“

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Am Jebel Faya enthüllen die Datierungen zusammen mit den Grabungsbeobachtungen und Artefaktstudien ein faszinierendes Bild des frühen modernen Menschen, der – unterstützt durch globale Meeresspiegelschwankungen und Klimaveränderungen in Arabien – Afrika viel früher verlassen hat als bisher angenommen. Diese Ergebnisse werden zu einer Neubewertung der Mittel und Wege führen, mit deren Hilfe der moderne Mensch zur „Globalen Spezies“ geworden ist.

Die Untersuchungen am Jebel Faya wurden von Hans-Peter Uerpmann gemeinsam mit Margarethe Uerpmann und Sabah A, Jasim geleitet. Die archäologische Bewertung der paläolithischen Steinwerkzeuge erfolgte in Tübingen durch Anthony Marks und Vitaly Usik. Umweltgeschichtliche Untersuchungen vor Ort und im Labor in Oxford wurden von Adrian Parker durchgeführt, während Simon Armitage in London die Lumineszenz-(OSL)-Datierung durchführte. Die Grabungen wurden von der Regierung des Emirats Sharjah finanziert. Zu den Laboruntersuchungen haben außer den beteiligten Universitäten das ROCEEH-Projekt der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, die Humboldt-Stiftung und die Deutsche Forschungsgemeinschaft beigetragen.

Quelle: Universität Tübingen
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