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Nationalversammlung 1848: Gute Arbeit attestiert

Geschichte|Archäologie

Nationalversammlung 1848: Gute Arbeit attestiert
Der Tagungsort der Frankfurter Nationalversammlung wurde zu ihrem Symbol: die Paulskirche. (Foto: Juergen Sack/iStock)

Es lebe die Demokratie! Am 18. Mai 1848 kamen erstmals deutschlandweit gewählte Abgeordnete zusammen und bildeten die legendäre Frankfurter Nationalversammlung. Der Arbeit dieses ersten deutschen Parlaments haben nun zwei Politikwissenschaftler eine Studie gewidmet. Sie kommen zu dem Fazit: Die Abgeordneten der glücklosen Frankfurter Nationalversammlung arbeiteten höchst professionell.

Der Beginn wirkte vielversprechend: Die Frankfurter Nationalversammlung weckte die Hoffnung, dem komplizierten Deutschen Reich demokratische Strukturen geben zu können. Unter den deutschlandweit gewählten Abgeordneten waren zahlreiche Vertreter der Bildungselite, beispielsweise auch ein bis heute bekannter Sprachwissenschaftler: der Märchensammler Jacob Grimm. Doch das ehrgeizige Vorhaben stand unter keinem guten Stern: Die Versammlung in der Frankfurter Paulskirche war als chaotisches Professorenparlament verschrien, die erarbeitete Verfassung trat nie in Kraft und bereits 1849 ging die Geschichte des ersten deutschen Parlaments schon wieder zu Ende.

Politikwissenschaftlicher Blick auf 1848/49

Doch wie ist eigentlich aus heutiger Sicht das Verhalten der damaligen Abgeordneten zu beurteilen – inwieweit ähnelte die Arbeitsweise der Frankfurter Nationalversammlung derjenigen heutiger Parlamente? Um dieser Frage nachzugehen, haben Ulrich Sieberer von der Universität Bamberg und Michael Herrmann von der Universität Konstanz einen analytischen Blick auf die Arbeit der Nationalversammlung geworfen. Unter anderem untersuchten sie dazu die Ergebnisse aller 299 namentlichen Abstimmungen in der kurzen Parlamentsgeschichte. Dabei kamen moderne empirische Methoden der Politikwissenschaft zum Einsatz.

Es zeichnete sich ab: Obwohl fast allen Parlamentariern Erfahrung in der politischen Praxis fehlte, unterschied sich ihre parlamentarische Arbeit kaum von der heutiger Abgeordneter, resümieren Sieberer und Herrmann. Dies zeichnet sich auch in den demokratischen Entwicklungen ab: „Innerhalb von sechs Wochen etablierten die Abgeordneten schon Fraktionen“, sagt Ulrich Sieberer. „Dabei gab es damals noch gar keine politischen Parteien. Ihnen wurde einfach sehr schnell klar, dass man sich in einem Parlament zusammenschließen muss, wenn man etwas erreichen will“, so der Politikwissenschaftler.

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Grundsteinlegungen bewährter Politik-Elemente

Das Parlament brachte auch weitere Strukturen hervor, die sich bewährt haben: „Bis heute gehört es zum Wesen unserer Demokratie, dass die Regierung das Vertrauen des Parlamentes braucht“, sagt Sieberer. Auch die Abgeordneten von 1848 setzten eine Zentralregierung ein, die vom Vertrauen des Parlaments abhängig war. Den Wissenschaftlern zufolge spiegelt sich dies bei der Auseinandersetzung um den Waffenstillstand von Malmö zwischen Dänemark und den deutschen Truppen wider: Das Kabinett hatte sich für den Waffenstillstand ausgesprochen. Es trat dann zurück, weil das Parlament das Abkommen mehrheitlich abgelehnt hatte „Das Parlament setzte so faktisch eine parlamentarische Regierungsweise durch“, erklärt Sieberer.

Vor dem Hintergrund der sogenannten „Theorie des politischen Raumes“ untersuchten die Wissenschaftler außerdem, nach welchen Mustern die Abgeordneten ihre Stimme abgaben. Dieser Theorie zufolge werden politische Auseinandersetzungen in jeder Gesellschaft entlang bestimmter Konfliktlinien ausgetragen. Durch ihre politikwissenschaftlichen Analyseverfahren identifizierten Sieberer und Herrmann zwei Konfliktlinien in der Frankfurter Nationalversammlung: Bei der einen stand die Frage im Zentrum, ob künftig ein Monarch oder das Volk herrschen soll. Die andere Konfliktlinie bestand darin, welches Ziel im Rahmen der Einigung Deutschlands zu verfolgen sei: Es stand zur Debatte, ob Österreich künftig zu Deutschland gehören soll oder nicht.

Welcher Fraktion ein Abgeordneter dabei angehörte, prägte auch die Entscheidungen in anderen Fragen, berichten die Wissenschaftler. Sie konnten mithilfe statistischer Berechnungen zielsicher vorhersagen, wie beispielsweise ein Anhänger der großdeutschen Lösung in einer tagespolitischen Frage etwa zur Zollpolitik oder zum Jagdwesen abgestimmt hat. „Die Abgeordneten wussten ganz genau, wie sich ihre Weltanschauung in konkrete Politik übersetzen lässt“, sagt Sieberer. Es zeichneten sich demnach bereits so etwas wie politische Programme ab.

Unterm Strich zollen die beiden Politikwissenschaftler der Arbeit der Frankfurter Nationalversammlung großen Respekt: Was 1848 geschah, wirkt bis heute fort. Die Abgeordneten schafften für den föderalen Bundesstaat eine zweite Kammer, die unserem heutigen Bundesrat sehr ähnlich ist, und entwickelten Grundelemente eines parlamentarischen Regierungssystems. Der Verlauf der Geschichte führte allerdings dazu, dass sich die bereits damals entworfenen Strukturen erst in der Bundesrepublik dauerhaft durchsetzten.

Quelle: Universität Bamberg

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