Modernste Technik hilft dabei, die Rätsel antiker Kulturgüter zu lösen – und macht das Kulturerbe für Laien auf neue Art erfahrbar. So beispielsweise die Jupitergigantensäule von Ladenburg: In einem interdisziplinären Projekt haben Forscher neue Digitalisierungstechniken genutzt, um feinste Strukturen dieser ungewöhnlichen römischen Säule sichtbar zu machen. Dies hilft dabei, ihre bis heute rätselhafte Geschichte zu entschlüsseln.
Das Rätsel der Giganten-Säule
Heute ist Ladenburg ein eher kleiner Ort am Neckar, in der Antike jedoch lag hier die römische Metropole Lopodunum. Eines der wertvollsten und ungewöhnlichsten Zeugnisse dieser Ära ist die 1973 entdeckte Jupitergigantensäule. Denn die 1800 Jahre alte Säule vereint römische und germanische Symbole und Vorstellungen in sich. Die Figuren auf der Säule stellen den Kampf zwischen dem römischen Gott Jupiter und einem Giganten dar. Die Textur der Säule und die Reiterfigur scheinen aber einer keltischen Tradition zu folgen.
Warum die Jupitergigantensäule eine für das gesamte römische Reich einzigartige Mischung zeigt und was ihre Geschichte war, blieb bisher jedoch weitgehend im Dunkeln. Bekannt ist nur, dass die Säule gegen Ende des römischen Reichs umgestürzt und in einen Brunnen geworfen wurde. Später jedoch holte man sie wieder heraus, richtete sie wieder auf und versah sie mit einer neuen Inschrift am Sockel. Diese ist jedoch kaum lesbar und überdeckt zudem ursprüngliche Inschrift.
3D-Scans mit modernster Technik
Mehr über die Geheimnisse der Jupitergigantensäule soll nun modernste digitale Technik ans Tageslicht bringen. Im Rahmen des Projekts HEiKA MUSIEKE – Multidimensionale Sicht- und Erfahrbarmachung von Kulturerbe nutzen Wissenschaftler neueste Aufnahme- und Bildverarbeitungstechnik, um die mit bloßem Auge unsichtbaren Feinstrukturen der Säule, aber auch anderer Artefakte zu erfassen und sichtbar zu machen.
„Die berührungslose Digitalisierung von Objekten eröffnet neue Forschungszugänge“, erklärt Thomas Vögtle vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT). „Durch das digitale Abbild lässt sich das Artefakt für Archäologen und Laien ganz neu erfahrbar machen.“ Die Forscher tasteten die Säule dafür mit einem optischen Scanner Punkt für Punkt ab und nahmen rund 800 Bilder aus allen Perspektiven auf.
Unsichtbares sichtbar gemacht
Am Computer werden charakteristische Merkmale der Säule erkannt, in den verschiedenen Bildern verknüpft und die Informationen der zweidimensionalen Bilder so verarbeitet, dass ein fotorealistisches, dreidimensionales Modell entsteht, an dem mit bloßen Augen schwer sichtbare Strukturen erkennbar werden. „Das Computermodell dient dann als Basis für die weitere Arbeit der Archäologen“, erklärt Vögtle.
Durch die Untersuchung des hochauflösenden 3D-Modells gelang es den Archäologen bereits, die Inschrift auf dem Sockel der Jupitergigantensäule zu entziffern. Zudem machten die Aufnahmen feinste Oberflächenstrukturen sichtbar, die dabei helfen aufzuklären, wie die einzelnen Teile der Säule zusammengefügt wurden. Gleichzeitig dient das Modell dazu, die Säule und auch andere Artefakte als interaktive 3D-Objekte im Internet erfahrbar zu machen – so können auch Laien einen ganz neuen Blick auf dieses Kulturerbe werfen.
Rätsel um die Jupitergigantensäule (Video: InsideScience)
Doch der Nutzen der interdisziplinären Zusammenarbeit geht über die Säule und ihre Merkmale hinaus. Denn im Rahmen des Projekts digitalisieren die Forscher nicht nur archäologische Funde, sie erstellen auch Datenbanken mit Geoinformationen, aus denen digitale Karten verschiedener historischer Stadien von Siedlungen und Städten werden. Auf einer interaktiven Karte lässt sich so beispielsweise nachvollziehen, wie die Jupitergigantensäule im alten Lopodunum bewegt wurde und wo möglicherweise ihr ursprünglicher Standort war.