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Neues vom ältesten Tempel der Welt

Geschichte|Archäologie

Neues vom ältesten Tempel der Welt
Luftaufnahme einer der kreisförmigen Strukturen der Anlage auf dem Göbekli Tepe. (Bild: Gil Haklay/AFTAU)

Schon Jäger und Sammler waren erstaunlich raffinierte Architekten, berichten Forscher: Sie haben in den Strukturen der 11.500 Jahre alten Kultanlage am Göbekli Tepe geometrische Muster identifiziert. Sie legen nahe, dass die steinzeitliche Monumentalanlage zumindest teilweise durch einen komplexen Entwurfsprozess entstanden ist. Bisher galt diese Art der Architekturplanung als eine Entwicklung der späteren bäuerlichen Kulturen, berichten Gil Haklay und Avi Gopher von der Universität Tel Aviv.

„Göbekli Tepe ist ein archäologisches Wunder“, sagt Gopher. Ausgrabungen an dem Fundort im Südosten der Türkei haben in den letzten Jahrzehnten gezeigt, dass dort rund 6000 Jahre vor Stonehenge bereits eine Monumentalanlage gestanden hat. Es handelte sich um breite, ringförmige Strukturen, von denen die größten einen Durchmesser von 20 Metern besaßen. Sie wurden aus bis zu 5,5 Meter hohen und bis zu 20 Tonnen schweren Steinpfeilern gebildet, die teilweise reich dekoriert waren. Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Monumentalanlage den Menschen als Versammlungsort für Rituale sowie zum Austausch diente.

Von Jägern und Sammlern errichtet

Datierungen zufolge wurden die Strukturen auf dem Bergplateau vor etwa 11.500 bis 11.000 Jahren erbaut. Sie entstanden somit in einer Zeit, bevor in dieser Region aus Jägern und Sammlern sesshafte Ackerbauern wurden. „Da es keine Beweise für Ackerbau oder Tierhaltung gibt, geht man davon aus, dass die Stätte von Jägern und Sammlern erbaut wurde. Die architektonische Komplexität der Strukturen ist somit höchst ungewöhnlich“, sagt Gopher.

Die meisten Forscher gehen davon aus, dass die Teile der Anlage nach und nach errichtet wurden. Doch bisher wurde kaum systematisch hinterfragt, ob sich Hinweise auf eine architektonische Planung abzeichnen, sagen Haklay und Gopher. Sie haben deshalb nun eine Computeranalyse der Baustrukturen durchgeführt, um mögliche Spuren architektonischer Entwurfsprozesse aufzudecken, die beim Bau der steinzeitlichen Kultstätte eine Rolle gespielt haben könnten. „Wir haben einen Algorithmus als analytisches Werkzeug verwendet, der geometrische Muster in Grundrissen identifizieren kann“, sagt Haklay.

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Geometrische Muster lagen der architektonischen Planung eines Komplexes am Göbekli Tepe zugrunde, geht aus den Computeranalysen hervor. (Bild: Gil Haklay/AFTAU)

Geometrische Muster zeichnen sich ab

Wie sie berichten, wurde ihr System fündig: Drei der monumentalen Kreisstrukturen des Göbekli Tepe weisen demnach zusammenhängende geometrische Muster auf. Offenbar wurden bestimmte Gesetzmäßigkeiten und gleiche Ausrichtungen beim Bau beachtet. Unter anderem bilden die Zentren der drei Kreise bei ihrer Verbindung ein gleichseitiges Dreieck. „Das Layout der Anlage ist durch räumliche und vermutlich symbolische Hierarchien gekennzeichnet“, resümiert Haklay. Die Forscher sehen darin auch einen Hinweis darauf, dass die drei Strukturen als ein einziges Projekt geplant und gebaut wurden.

Wie die Wissenschaftler erklären, ist dies ein interessanter Befund, denn komplexe architektonische Verfahren, wie die Verwendung von Geometrie und die Planung von Grundrissen, galt bisher als eine spätere Entwicklung. Erst als aus den Jägern und Sammlern vor etwa 10.500 Jahren Bauern wurden, hinterließen sie deutliche Hinweise auf entsprechend komplexe Architekturtechniken. Doch offenbar reichen die Wurzeln dieser Verfahren tiefer in die Geschichte, wie die Analyseergebnisse nahelegen. „Dieser Fall einer frühen architektonischen Planung kann als Beispiel für die Dynamik der kulturellen Veränderungen in der frühen Phase des Neolithikums dienen“, sagt Haklay.

Wie die beiden Forscher ankündigen, wollen sie ihr architektonisches Analyseverfahren nun auch weiter im Dienst der Archäologie einsetzen: Sie beabsichtigen weitere Überreste neolithischer Baustrukturen in der Levante zu untersuchen.

Quelle: American Friends of Tel Aviv University, Fachartikel: Cambridge Archaeological, doi: 10.1017/S0959774319000660

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