Überraschungsfund in einem antiken Grenzgebiet: Archäologen sind im Bereich des einstigen Limes im Osten der Niederlande auf die Überreste einer römischen Tempelanlage gestoßen. Den Funden zufolge verehrten dort vor allem Soldaten vom 1. bis zum 4. Jahrhundert verschiedene Gottheiten. Die Entdeckung ist für die Niederlande, aber auch international außergewöhnlich, sagen die Experten.
Der Blick richtet sich auf den kleinen Ort Herwen-Hemeling in der niederländischen Provinz Gelderland, nahe der deutschen Grenze. Die Entdeckungsgeschichte begann dort mit Funden, auf die Amateur-Archäologen von der „Vereniging van Vrijwilligers in de Archeologie“ in einem Tonabbaugebiet gestoßen waren. Dies rief Experten auf den Plan, die erste Sondierungen durchführten und dabei weitere interessante Funde zutage förderten. So kam es dann zu noch umfangreicheren Ausgrabungen, über deren Ergebnisse die Niederländische Agentur für Kulturerbe nun berichtet.
Eine Tempelanlage für Soldaten zeichnet sich ab
Das Team stieß auf dem Areal auf zahlreiche Zeugnisse aus der Römerzeit, die aus der Periode vom 1. bis zum 4. Jahrhundert stammen. Es handelt sich dabei neben Münzen, Waffen und Gebrauchsgegenständen vor allem um Gebäudereste sowie Teile von Götterstatuen, Reliefs und bemaltem Stuck. Wie die Archäologen berichten, zeichnete sich nach und nach ab, dass die Funde von einem Heiligtum stammen: Offenbar hatten die Römer auf einer natürlichen Erhebung an der Gabelung von Rhein und Waal zwei kultisch genutzte Gebäude errichtet, möglicherweise auch weitere.
Besonders deutlich zeichnen sich die Strukturen eines sogenannten gallo-römischen Umgangstempels ab, dessen Umfassungsmauern etwa 22 mal 22 Meter lang waren. Den archäologischen Spuren zufolge besaß der mit Säulen geschmückte Bau ein Ziegeldach und seine Wände waren farbig gestaltet. Einige Meter weiter stand ein weiterer kleiner Tempel, ebenfalls mit reich bemalten Wänden, berichten die Archäologen. Außerdem stießen sie auf die Reste eines großen Steinbrunnens, der möglicherweise ebenfalls eine Funktion im Rahmen des heiligen Ortes besaß: Eine Steintreppe führte nach unten ins Wasser. Von der kultischen Bedeutung der Anlage zeugen zudem Kuhlen im Untergrund, die das Team ringsum die Gebäude im Untergrund fand. Darin brannten offenbar gelegentlich große Opferfeuer.
Weihesteine für verschiedene Gottheiten
Genutzt wurde die Anlage wohl vor allem von Soldaten, die den Bereich an der nordwestlichen Grenze des Römischen Reiches zu Germanien schützten, sagen die Experten. Davon zeugen die Überreste von einigen Dutzend Weihesteinen – kleinen Altären, die von hochrangigen Soldaten aufgestellt wurden. Die Steine sind unter anderem Hercules Magusanus, Jupiter-Serapis und Merkur gewidmet. Die Stifter dankten damit ihren favorisierten Gottheiten für die Erfüllung eines Wunsches, geht aus den Inschriften hervor.
Wie die Niederländische Agentur für Kulturerbe betont, ist die Entdeckung nicht nur für die Region bedeutend, sondern auch international außergewöhnlich. Es wurden in den Niederlanden zwar schon die Spuren anderer römischer Tempel entdeckt, doch dies ist die erste Anlage, die direkt an der einstigen Grenze des Römischen Reiches stand – des Limes in den Niederlanden. Außerdem wurden nie so umfangreiche Tempelreste entdeckt und die Experten heben zudem die erstaunlich lange Nutzungsdauer der Anlage hervor.
Die Funde sollen nun auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden: Einige besonders interessante Funde sind bereits im Museum „Het Valkhof“ in Nimwegen zu sehen, schreibt die Niederländische Agentur für Kulturerbe.
Quelle: De Rijksdienst voor het Cultureel Erfgoed