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Polen: Blick auf Kernwaffenlager des Kalten Krieges

Geschichte|Archäologie

Polen: Blick auf Kernwaffenlager des Kalten Krieges
Alter Kernwaffenbunker
Eingang eines der als Sprengkopflager genutzten Monolith-Bunker im polnischen Podborsko (Bild: Piotr Wytrazek/ iStock)

Der Kalte Krieg machte Europa zur Frontlinie des schwelenden Ost-West-Konflikts – und führte zur Aufrüstung beiderseits des Eisernen Vorhangs. Jetzt hat ein Archäologe die Struktur und Entwicklung von drei einst streng geheimen sowjetischen Kernwaffenlagern in Polen näher untersucht. Seine Daten liefern erstmals Informationen darüber, was in diesen Anlagen während des Kalten Krieges geschah.

Die Geschichte der geheimen Bunker begann im Februar 1965 bei einem russische-polnischen Militärmanöver im Nordwesten Polens. Die Truppen sollten die schnellste Methode testen, um Nuklearsprengköpfe von der Sowjetunion nach Polen zu bringen. Bald zeigte sich jedoch: Dieser Transport dauerte zu lang, um einem möglichen Angriff der NATO auf den Warschauer Pakt rechtzeitig zu entgegnen.

Versteckte Bunker für sowjetische Kernwaffen

„Daher wurde die Entscheidung getroffen, drei Kernwaffenlager im Westen Polens zu errichten“, erklärt der Archäologe Grzegorz Kiarszys von der Universität Stettin. Informationen darüber hat er in 2006 freigegebenen Geheimdokumenten gefunden, die in einem polnischen Archiv aufbewahrt waren. Aus den Dokumenten geht hervor, dass alle drei Standorte bewusst so gewählt wurden, dass sie nicht weiter auffielen: „Alle Basen wurden direkt neben vielgenutzten militärischen Übungsgeländen gebaut und es wurden Waldgebiete mit kleineren Hügeln bevorzugt“, erklärt Kiarszys.

1967 begann der Bau von drei Kernwaffenlagern im Nordwesten Polens. „Die Arbeiten wurden unter strengster Geheimhaltung durchgeführt, nur die ranghöchsten polnischen Offiziere kannte den wahren Zweck dieser Anlagen“, berichtet der Forscher. Nachdem die Lager am 12. Dezember 1969 fertiggestellt und an die sowjetischen Militärs übergeben worden waren, verschwand jeder Hinweis auf diese Anlagen aus den Archiven. Erst als die sowjetische Armee 1991/92 nach dem Zusammenbruch des Ostblocks abzog, wurden die Bunker bekannt.

Ausgebaut und hochgerüstet

Doch was in der Zeit des Kalten Krieges in diesen Kernwaffenlagern passierte und wie sie genau aufgebaut waren, blieb bislang verborgen. Durch Auswertung von historischen und modernen Fotografien, Aufnahmen westlicher Spionagesatelliten, CIA-Berichten und flugzeuggestützten Laserscans hat Kiarszys nun die Entwicklung der drei sowjetischen Kernwaffenstützpunkte in Polen rekonstruiert.

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Die Aufnahmen enthüllen, dass die Anlagen zunächst nur aus einer Hochsicherheitszone mit mehreren zweistöckigen Bunkern und einem Wohn- und Arbeitsbereich für die stationierten Soldaten sowie Parkplätzen für Militärfahrzeuge bestanden. „Die beiden Monolith-Bunker waren zweistöckige Bauten, in denen die taktischen Kernsprengköpfe untergebracht waren“, berichtet Kiarszys. „Diese Gebäude waren mit einer eigenen Notstromversorgung, einem Wassertank und einem leistungsstarken Ventilationssystem ausgestattet – eine Notwendigkeit, da die Sprengköpfe Hitze produzierten, die ohne Kühlung ihre Elektronik schädigen konnte.“

Schon bald nach Übergabe der Anlagen an die Sowjets begannen diese jedoch mit Umbauten, wie die neuen Daten enthüllen. „Es wurde entschieden, dass es nicht genug war, die Transportfahrzeuge dauerhaft offen oder nur in überdachten Hallen stehen zu lassen“, erklärt Kiarszys. „Daher wurde die Sicherheitszone ausgeweitet und man hob in diesem Bereich Erdbunker für die Fahrzeuge aus.“ Mit Holz und Beton verstärkte Gräben umgaben diese Fahrzeugbunker als zusätzliche Sicherung. Am Ende der 1970er Jahre kam eine weitere Ausbaustufe hinzu: Die alten Monolith-Bunker wurden durch neue Bunker ersetzt. „Dies waren einstöckige Bunker aus vorgefertigten Betonteilen, die mit einer dicken Erdschicht bedeckt waren“, berichtet der Archäologe. Zwei Tore an gegenüberliegenden Seiten des Bunkers erlaubten einen schnelleren Zugang zu den Sprengköpfen.

Trotz Tarnung erkannt

Die neu ausgewerteten Laserscans und Satellitenaufnahmen verraten jedoch auch, ob diese nuklearen Waffenlager im Kalten Krieg tatsächlich so geheim waren, wie es die Sowjets damals glaubten: „Die Satellitenaufnahmen zeigen, dass alle drei Kernwaffenbasen aus dem All relativ leicht zu identifizieren waren – trotz aller Tarnung“, berichtet Kiarszys. „Die Monolith-Bunker sind klar sichtbar, ebenso die überbauten Areale und die Hauptwege.“ Selbst die Trampelpfade der Patrouillen sind auf den Laserscans sichtbar.

In einem CIA-Bericht aus dem Jahr 1979 findet sich zudem eine Karte, die drei mögliche Standorte für nukleare Sprengköpfe zeigt – alle drei stimmen relativ genau mit den drei polnischen Bunkeranlagen überein, wie der Forscher erklärt. „Die NATO und die CIA kannten unzweifelhaft die genaue Lage und den Zweck der wichtigsten sowjetischen Nuklear-Basen in Osteuropa – mindestens seit den 1970er Jahren“, so Kiarszys.

Quelle: Grzegorz Kiarszys (Szczecin University), Antiquity, doi: 10.15184/aqy.2018.173

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