Anzeige
1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite »

Programmiert im Mutterleib

Geschichte|Archäologie Gesellschaft|Psychologie

Programmiert im Mutterleib
Was ist im Gehirn eines Kindes los, bevor es mit den gängigen Geschlechterklischees in Berührung kommt? Simon Baron-Cohen gibt eine verblüffende Antwort.

Nach zahlreichen Experimenten mit Babys und Kleinkindern, nach Tierversuchen und Messungen pränataler Hormonspiegel ist Simon Baron-Cohen überzeugt: Das Frauenhirn, der „E-Typ“, wird schon im Mutterleib auf Einfühlung programmiert, das Männerhirn, der „ S-Typ“, dagegen auf systematisches Denken.

Gesteuert werde diese Spezialisierung der Evolution genetisch sowie vor allem durch die Testosteron-Produktion während und nach der Schwangerschaft: Je niedriger der Testosteron-Spiegel, um so einfühlsamer und sprachbegabter werde das Kind; je höher der Wert, um so geringere Sozialkompetenzen und um so spezialisiertere Interessen werde es später entwickeln. Simon Baron-Cohen, Autismusforscher und Professor für Psychologie und Psychiatrie am renommierten Trinity-College in Cambridge, erklärt damit unterschiedliche Fähigkeiten, Beschäftigungen und Aggressivitäten von Männern und Frauen, aber auch die Prioritäten in den zwischenmenschlichen Beziehungen. Das Gehirn von Autisten ist demnach die Extremform des männlichen Denkorgans: hoch systematisch, aber zur Empathie unfähig.

Sicher eine radikale These, die die Ansicht vieler Hirnforscher bestätigt, wonach sich der Schaltplan für das spätere Denken schon sehr früh ausbildet. Sie liegt im Trend, mit immer ausgeklügelteren Tests und bildgebenden Verfahren nach den neuronalen Grundlagen von Verhalten und Wahrnehmung zu suchen. Doch Baron-Cohen ist sich bewusst, dass er nur einen Teil der geschlechterprägenden Wirklichkeit beschreibt – und warnt vor simplen Schlüssen. Er hat durchaus im Blick, dass Jungen und Mädchen ungleich erzogen werden, was Unterschiede im Verhalten nach sich zieht. Und er betont, dass seine Ergebnisse lediglich statistische Durchschnittsgrößen repräsentieren. Natürlich gebe es überaus einfühlsame Männer und höchst systematisch denkende Frauen.

Anstatt sich also auf Vorurteile zurückzuziehen, rät er zum genauen Blick auf das Individuum – und zu einer entsprechenden Förderung. Sein Fazit: Die Gesellschaft braucht beide Gehirntypen.

Anzeige

Simon Baron-Cohen VOM ERSTEN TAG AN ANDERS Walter Verlag Düsseldorf, Zürich 2004, 336 S., € 19,90 ISBN 3-530-42174-X

Dr. Eva Tenzer, freie Wissenschaftsjournalistin

Anzeige

Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Dossiers
Aktueller Buchtipp

Sonderpublikation in Zusammenarbeit  mit der Baden-Württemberg Stiftung
Jetzt ist morgen
Wie Forscher aus dem Südwesten die digitale Zukunft gestalten

Wissenschaftslexikon

Syn|zy|ti|um  〈n.; –s, –ti|en〉 durch Verschmelzung vieler Zellen nach Auflösung der Zellgrenzen entstandene, vielkernige Plasmamasse [<nlat. syncytium; … mehr

leeres|sen  auch:  leer es|sen  〈V. t. 129; hat〉 den Teller ~ alles aufessen, was auf dem T. liegt … mehr

Sen|so|rik  〈f.; –; unz.〉 Gebiet der Technik, das sich mit der Konstruktion u. Anwendung von Sensoren befasst

» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige