Bei Tiefbauarbeiten in Schwelm (Ennepe-Ruhr-Kreis) sind Bauarbeiter auf einen mysteriösen Stolleneingang gestoßen. Die herbeigerufenen Archäologen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) stehen nun vor einem Rätsel: Wer hat wann diesen Stollen angelegt und warum? Die Erkundung des 50 Meter langen Gangs lieferte bisher eher schleierhafte Ergebnisse.
Plötzlich klaffte an der Baustelle ein Loch, berichtete die Baufirma vom Fund des Stollens: Überraschend hatte die Baggerschaufel einen Zugang freigelegt. Sofort wurde der Landschaftsverband Westfalen-Lippe informiert, der daraufhin den zuständigen Experten zur Sichtung schickte: Manuel Zeiler ist für Westfalen Fachmann für die Relikte des Bergbaus in der Region. Der Archäologe war verdutzt: „Keine Chronik, kein Plan, keine historische Quelle weiß etwas von der Existenz dieses Stollens“, so Zeiler.
Abenteuerliche Erkundung
Von Neugier getrieben, rüsteten sich Zeiler und seine Kollegen schnell mit allem aus, was für die Erkundung des unbekannten Ganges erforderlich war. Dabei ging es vor allem um die Dokumentation des Stollens. Mit Scheinwerfern, Fotoapparaten und Vermessungsgeräten wagte sich das Erkundungsteam dann schließlich in die finstere Tiefe. Es ging langsam, vorsichtig und in gebückter Haltung voran, berichten die Archäologen, denn der Gang ist größtenteils nur weniger als 1,6 Meter hoch.
Mit dem sogenannten Hängezeug konnten sie die Ausmaßen des Stollens genau dokumentieren. Dabei werden mittels einer gespannten Schnur, angehängtem Winkel und Kompass die Fluchten bestimmt. Anschließend lassen sich die gewonnen Daten zu einer Gesamtkartierung zusammen. Wie Zeiler und seine Kollegen berichten, ist der Gang etwa 50 Meter lang und weißt eine deutliche Abbiegung auf. Die Gestalt des Stollens ist dabei ungewöhnlich unregelmäßig: Er wird an manchen Stellen enger und an anderen weicht er gezielt besonders harte Partien im Gestein aus. Wozu er einst dienen sollte, bleibt bislang völlig unklar: „Hier befindet sich nur Schiefergestein, es gibt nirgendwo einen Hinweis auf Vererzungen“, resümiert Zeiler.
Stammt der Stollen aus dem 18. Jahrhundert?
Zumindest eine grobe zeitlich Einschätzung ist den Archäologen zufolge möglich: Sie fanden Vortriebsspuren – Löcher, in denen einst Schwarzpulver für Sprengungen platziert worden war. Erst im 20. Jahrhundert wurde Schwarzpulver durch andere Substanzen als Sprengstoff abgelöst. Die Anlage muss also vorher entstanden sein, sagen die Archäologen. Als früheste mögliche Zeit kommt wiederum das 18. Jahrhundert in Frage, als Schwarzpulver sich im Untertagebau durchsetzte. „Fest steht, dass der Stollen im bergmännischen Verfahren entstanden ist, aber sicherlich nicht zur Gewinnung von Erz diente. Ein Stollen mit so einem unregelmäßigen Verlauf bei gleichzeitig so geringer Höhe ist im 18. Jahrhundert untypisch im Bergbau“, resümiert Zeiler.
Das mysteriöse Werk hat nun offenbar den Forscherehrgeiz der Archäologen geweckt. Sie wollen ihre gesammelten Daten genau auswerten und weiter der Frage nachgehen, welcher Funktion der seltsame Stollen einst gedient haben könnte. Man darf also gespannt sein, ob Zeiler und seine Kollegen das Rätsel am Ende lösen können.